Gegen den suspendierten Regensburger Oberbürgermeister Joachim Wolbergs ist eine weitere Anklage zugelassen worden. Das hat das Oberlandesgericht Nürnberg heute in einer Pressemitteilung bestätigt. Wann es zu einer Verhandlung kommen kann, steht allerdings noch nicht fest. Ein Sprecher des zuständigen Landgerichts Regensburg hat heute bestätigt, dass man erst auf die vollständige schriftliche Entscheidung aus Nürnberg warten muss, um dann mögliche Termine zu finden.
In der weiteren Anklageschrift aus dem Oktober 2018 geht es um Vorwürfe gegen Wolbergs im Zusammenhang mit dem Immobilienzentrum Regensburg. Wolbergs wird vorgeworfen, aufgrund einer Unrechtsvereinbarung Spenden für den SPD-Ortsverein Regensburg-Stadtsüden durch das IZ erhalten zu haben.
Die Frage, ob der neue Prozess jetzt in den aktuell laufenden Prozess integriert werden könnte, stellt sich wohl nicht mehr, da das OLG die Beschwerde der Regensburger Staatsanwaltschaft bestätigt hat.
Laut Gerichtssprecher hätte man höchstens bei einem negativen Bescheid über eine mögliche Integration diskutieren müssen.
In der Entscheidung des Oberlandesgerichts geht es um die Bewertung, ob sich die Vorwürfe der weiteren Anklage um den selben "Lebenssachverhalt" drehen, oder nicht. Die selbe Person dürfe laut Gerichtssprecher nicht wegen des gleichen Lebenssachverhalts zwei Mal verfolgt werden. Allerdings sieht das OLG in seiner Entscheidung keine Übereinstimmung dieses Lebenssachverhalts.
Mit Beschluss vom 16. April 2019 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Regensburg eine weitere Anklage gegen Joachim Wolbergs zugelassen. Es geht hierbei um die Eröffnung eines zweiten Hauptverfahrens gegen Joachim Wolbergs wegen Spenden des Immobilienzentrums Regensburg an den SPD-Ortsverein. Das Landgericht hatte wegen untrennbaren Verknüpfung der Tatvorwürfe zum bereits bestehenden Verfahren dies abgelehnt, doch die Staatsanwaltschaft Regensburg hat darauf sofortige Beschwerde eingelegt. Diese hat jetzt Erfolg.
Die 6. Strafkammer des Landgerichts Regensburg verhandelt seit 24. September 2018 gegen den Oberbürgermeister der Stadt Regensburg u. a. wegen des Vorwurfs, er habe sich in strafrechtlich relevanter Weise Zuwendungen des mitangeklagten Bauunternehmers T. versprechen lassen. Zudem soll er gegen das Parteiengesetz verstoßen haben, da die Spenden in den jeweiligen Rechenschaftsberichten nicht richtig erfasst worden sein sollen.
In einer weiteren Anklageschrift vom 4. Oktober 2018 legt die Staatsanwaltschaft Regensburg Joachim Wolbergs zur Last, aufgrund einer Unrechtsvereinbarung Spenden für den SPD-Ortsverein Regensburg-Stadtsüden durch das Immobilienzentrum Regensburg (IZ) erhalten zu haben.
Die 5. Strafkammer des Landgerichts Regensburg lehnte mit Beschluss vom 11. März 2019 die Eröffnung eines zweiten Hauptverfahrens gegen Joachim Wolbergs wegen Spenden des Immobilienzentrums Regensburg (IZ) an den SPDOrtsverein ab. Die Kammer war der Auffassung, dass bei allen Anklagepunkten eine untrennbare Verknüpfung mit Tatvorwürfen bestehe, die schon Gegenstand der laufenden Hauptverhandlung seien, so dass das Verfahrenshindernis der anderweitigen Rechtshängigkeit der Durchführung einer weiteren Hauptverhandlung entgegenstehe. Im Einzelnen wird Bezug genommen auf die Pressemitteilung des Landgerichts Regensburg vom 11. März 2019. Gegen diesen Beschluss des Landgerichts Regensburg hat die Staatsanwaltschaft Regensburg sofortige Beschwerde eingelegt. Zum Inhalt der Begründung der sofortigen Beschwerde wird Bezug genommen auf die Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Regensburg vom 13. März 2019.
Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Regensburg hat Erfolg. Nach Ansicht des 2. Strafsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg handelt es sich bei den Vorwürfen in der neuen Anklageschrift vom 4. Oktober 2018 um eigenständige prozessuale Taten. Der Senat legt u. a. dar, dass die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft in der ursprünglichen Anklageschrift mit denjenigen in der weiteren Anklageschrift nicht durch - so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft - unrichtige Deklarierung der Spenden in Rechenschaftsberichten so miteinander verknüpft seien, dass eine getrennte Aburteilung zu einer Aufspaltung eines zusammengehörigen Geschehens führen würde. Im Gegenteil: Es würden unterschiedliche Lebenssachverhalte mit anderen Tatzeiten, Tatorten und Tatgegenständen unnatürlich vereinigt, wenn man der Ansicht des Landgerichts Regensburg folgen würde. Nach den Anklagevorwürfen handle es sich um verschiedene Vorteilsgeber, von denen der Angeklagte jeweils Zuwendungen gefordert habe bzw. sich habe versprechen lassen.
Daher kommt der Senat im Ergebnis dazu, dass die neuen Vorwürfe aus der Anklageschrift vom 4. Oktober 2018 in tatsächlicher Hinsicht weder von der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Regensburg vom 26. Juli 2017 noch dem Eröffnungsbeschluss der 6. Strafkammer vom 1. März 2018 im derzeit laufenden Strafverfahren umfasst seien.
Der Senat bejaht einen hinreichenden Tatverdacht und hat deshalb das Hauptverfahren eröffnet und die Anklage der Staatsanwaltschaft Regensburg vom 4. Oktober 2018 zur Hauptverhandlung vor dem Landgericht Regensburg zugelassen. Die Akten werden nunmehr an das Landgericht Regensburg zurückgegeben. Über die weitere dortige Vorgehensweise erteilt die Pressestelle des Landgerichts Regensburg Auskunft.
Pressemitteilung Oberlandesgericht Nürnberg
Auch Wolbergs-Verteidiger Peter Witting hat heute auf die Entscheidung reagiert. Er schreibt:
Die Verteidigung hält an dem Einwand doppelter Rechtshängigkeit fest und wird diesen Aspekt eines durchgreifenden Verfahrenshindernisses auch im weiteren Verfahren unverändert verfolgen.
Spätestens der Bundesgerichtshof für Strafsachen werde sich mit dieser Rechtsfrage erneut befassen müssen.
Weiter schreibt Witting, das OLG würde darauf verweisen, dass sich hinreichender Tatverdacht gegen OB Wolbergs ergebe- und zwar aus den "im wesentlichen Ergebnis der Anklageschrift vom 4.10.2018 angeführten Beweismitteln". Daraus werde deutlich, dass die von der Verteidigung im Zwischenverfahren vor der fünften Strafkammer des Landgerichts bereits vor Monaten ausdrücklich erhobenen Einwände "in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht" weder berücksichtigt noch geprüft worden seien.
Einmal mehr werde diese Art der Sachbehandlung den im Strafprozess grundsätzlich geltenden Anforderungen nicht gerecht.
Auch Joachim Wolbergs hat heute eine schriftliche Stellungnahme an die Presse verschickt. Darin schreibt er unter anderem:
Das OLG hat also nun die Entscheidung des Regensburger Landgerichtes, ein weiteres Verfahren gegen mich in Bezug auf das Immobilienzentrum und Herrn Thomas D. nicht zu eröffnen, aufgehoben. Damit wird es zu einem weiteren Verfahren gegen mich kommen. Ich bedaure diese Entscheidung sehr, weil damit das eintritt, was von der Staatsanwaltschaft mit der künstlichen Trennung von Verfahren beabsichtigt war und ist, nämlich den Versuch zu unternehmen, mich über rein zeitliche Abläufe und eintretende materielle Schwierigkeiten ins Abseits zu stellen. Aber selbstverständlich habe ich die Entscheidung so hinzunehmen und zu akzeptieren.
Die Entscheidung hat natürlich auch einen positiven Aspekt, weil es nun die Möglichkeit gibt, über ein Hauptverfahren die breite Öffentlichkeit über die mir gemachten Vorwürfe zu informieren und meine Sicht der Dinge darzustellen.
Wolbergs schreibt auch, es habe im vorliegenden Fall nie einen Tatbestand einer Bestechung und Bestechlichkeit gegeben. Er sei überzeugt, dass Thomas D. ein "Haftbefehl abgenötigt wurde"- das könne er auch darstellen.
Weiter gibt Wolbergs an, er müsse wohl auch davon ausgehen, dass in "Sachen Schmack" noch ein weiteres Verfahren auf ihn zukomme. Auch darauf sei er bestens vorbereitet. Er werde auch alles dafür tun, deutlich zu machen, dass es auch in diesem Fall nie den Tatbestand einer Bestechung/Bestechlichkeit bzw. Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung gegeben habe.
Wolbergs schreibt weiter, dass seine "materiellen Möglichkeiten" erschöpft seien. Mit Blick auf die Organisation seiner Verteidigung gibt er aber an, dass er das "irgendwie regeln können" werde.
Zu seiner Kandidatur für das Amt des Oberbürgermeisters bei der kommenden Kommunalwahl schreibt Joachim Wolbergs:
Ich habe immer darauf hingewiesen und dabei bleibt es, dass für die Frage meiner politischen Zukunft das Urteil in dem jetzt laufenden Verfahren vor dem Regensburger Landgericht entscheidend ist. Nur davon wird abhängen, ob ich wieder für das Amt des Oberbürgermeisters kandidiere oder nicht. Ich bin nicht bereit, mich der Taktik der Staatsanwaltschaft, zeitliche Verzögerungen in beliebigem Stil und willkürlich vorzunehmen, zu beugen. Die heutige Entscheidung des OLG bestätigt mich zusätzlich, dass es Situationen im Leben geben kann, bei denen man, wenn für mich auch zunächst unvorstellbar, staatlicher Willkür in einer Weise ausgesetzt ist, die ich unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nicht für möglich gehalten habe.
Ich gehe davon aus, dass sich nun auch die Landesanwaltschaft endlich einmal dazu herablässt, die Tatsachen neu einzuordnen und das jetzt laufende Verfahren auch regelmäßig vor Ort zu verfolgen, um umgehend meine Suspendierung aufzuheben, die vor dem Hintergrund von Vorwürfen, aber keiner einzigen Verurteilung zum jetzigen Zeitpunkt, unverantwortbar ist und jeglichem Demokratieverständnis widerspricht.
Wolbergs wirft der Staatsanwaltschaft vor, eine "Verzögerungstaktik" einzusetzen. Deshalb sei es doppelt sinnvoll gewesen, "Grundlagen und Entscheidungen" für seine weitere politische Arbeit auf den Weg zu bringen.
MF/MB