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TVA Onlineredaktion

Bayern: Kabinett gibt grünes Licht für Hochschulreform

Das Hochschulinnovationsgesetz (HIG) ist Teil der Zukunftsoffensive «Hightech Agenda Bayern» und soll helfen, die Wissenschaftslandschaft in Bayern für die nächsten 20 bis 30 Jahre zukunftsfest aufzustellen und auf internationales Spitzenniveau zu heben.

Die Forschungslandschaft habe sich seit der vorangegangenen umfassenden Novelle der Hochschulen 2006 grundlegend geändert, sagte Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) nach der Sitzung des Ministerrats in München. Die Hochschulen in Bayern seien gut gerüstet, es gebe Rekord-Studierendenzahlen. Daher sei es genau der richtige Zeitpunkt für diese Reform.

Sie setzt unter anderem auf eine weitgehende organisatorische Eigenständigkeit der Hochschulen. Der Hochschulapparat soll entbürokratisiert und dadurch etwa die Berufung von Professoren schneller ermöglicht werden. Zudem sollen diese sich und ihre Mitarbeiter leichter an Unternehmen beteiligen oder auch Ausgründungen besser unterstützen können.

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte im Oktober 2019 erstmals angekündigt, eine Hochschulreform in Bayern anzustreben. Seither gab es viele Anhörungen im Landtag und zwischenzeitlich auch eine Menge Streit und Unruhe über die konkrete Ausgestaltung. Deshalb war der ursprünglich noch vor der Sommerpause 2021 geplante Beschluss durch den Landtag vom damaligen Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU) verschoben worden.

 

Einzelne Punkte im Überblick:

  • Mehr Agilität: Keine Mikrosteuerung, sondern eine strategische Steuerung. Die Hochschulen erhalten deutlich mehr Freiheiten und eine erhöhte Flexibilität beim Einsatz der Ressourcen, beispielsweise mit der verdichteten Titelstruktur oder einer flexibleren Personalbewirtschaftung (Art. 11 BayHIG). Neues strategisches Instrument ist der Innovationsfonds (ebenfalls Art. 11 BayHIG). Hochschulen sollen freiwerdende Ressourcen in diesem Innovationsfonds zurücklegen und für die gezielte Beteiligung an neuen staatlichen Programmen einsetzen („Matching“).

 

  • Bewährter Organisationsrahmen: Die bewährte und von allen Gruppen akzeptierte Organisationsstruktur bleibt erhalten (Art. 29 bis 51 BayHIG). Das schafft Rechtssicherheit und Klarheit und erlaubt die völlige Konzentration auf mehr Agilität, Exzellenz und Innovation. Gleichzeitig erhalten die Hochschulen durch die neue Innovationsklausel (Art. 126 BayHIG) weitreichende individuelle Ausgestaltungsmöglichkeiten ihrer inneren Organisation.

 

  • Echte Exzellenz: Bayern legt das modernste Berufungsrecht Deutschlands vor. Neben der bewährten Ausschreibung wird als weiterer Regelfall die Direktberufung definiert. Als neues Instrument wird die Exzellenzberufung für fachlich besonders hoch qualifizierte Professorinnen und Professoren eingeführt, die eine noch schnellere und einfachere Berufung durch Präsidentin bzw. Präsidenten und Dekanin bzw. Dekan unter Einbindung des zuständigen Fakultätsrats ermöglicht (Art. 6 BayHIG).

 

  • Zusätzliche Forschungsstärke: Die Hochschulen erhalten die Möglichkeit, Professorinnen und Professoren eine überwiegende oder ausschließliche Tätigkeit in der Forschung zu übertragen (Forschungsprofessuren bzw. Schwerpunktprofessuren, Art. 59 BayHIG). Forschungsfreisemester sind im Sinne der Vereinbarkeit von Familie und Beruf nun zum Ausgleich von Herausforderungen durch Erziehung oder Familie möglich (Art. 61 BayHIG). Der Technologietransfer und die Forschungskooperationen von Hochschulen werden gezielt unterstützt (Art. 6 BayHIG).

 

  • Neue Gründerzeit: Gründungsförderung, Technologietransfer und die Entfesselung der Innovationsfreude an allen Hochschulen sind Markenkerne des neuen Gesetzes. Die Unternehmensgründung wird ausdrücklich zur Hochschulaufgabe erklärt (Art. 2 und 16 BayHIG), das Prinzip der Gründerförderung durch hochschuleigene Inkubatoren im Gesetz verankert (Art. 17 BayHIG). An allen Hochschulen sollen Gründerzentren entstehen. Hinzu kommen unbürokratische Beteiligungsmöglichkeiten, der Zugriff auf die Hochschulinfrastruktur sowie die Ermöglichung von Gründungsfreisemestern für Professorinnen und Professoren (Art. 61 BayHIG).

 

  • Besserer Technologietransfer: Der Forschungsauftrag der Hochschulen für angewandte Wissenschaften (Art. 3 BayHIG) wird gestärkt. Der Technologietransfer wird zur Aufgabe aller Hochschularten (Art. 2 BayHIG). Transfer wird neu als Dienstaufgabe der Professorinnen und Professoren definiert (Art. 59 BayHIG). Parallel dazu werden in allen Regionen Bayerns Gründungs- und Technologiezentren weiterentwickelt.

 

  • Schneller Bauen: Die Hochschulen können auf Antrag die Bauherreneigenschaft für einzelne Baumaßnahmen oder für alle Baumaßnahmen sowie für Liegenschaften erhalten (Art. 14 BayHIG). Damit können sie am Markt schneller und agiler beauftragen und Bauvorhaben realisieren.

 

  • Attraktive Studienbedingungen: Bayern verankert erstmals einen Landesstudierendenrat im Gesetz, um die Interessen der Studierenden noch besser berücksichtigen zu können (Art. 28 BayHIG). Eine innovative Lehre (Art. 76 BayHIG) wird gesetzlich ebenso verankert wie hochschulrechtliche Regelungen, die den Studierenden in der herausfordernden Zeit der Pandemie besonders entgegenkommen sind (Art. 130 BayHIG).

 

  • Erfolgreiches Talentscouting: Eine inspirierende Studienumgebung und gezielte Nachwuchsförderung ergibt sich u.a. durch die Internationalisierung der Studiengänge (Art. 77 BayHIG), durch Karrierezentren (Art. 54 BayHIG), das neue Promotionsrecht für die Hochschulen für angewandte Wissenschaften und erweiterte Promotionsmöglichkeiten an den Kunsthochschulen (Art. 96 BayHIG). Die Nachwuchsgruppenleitung, Tenure-Track-Professuren, Juniorprofessuren, die neue Nachwuchsprofessur an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften und die chancengerechte Teilhabe von Wissenschaftlerinnen sind weitere Bausteine der Talentförderung.

 

dpa / Bayerische Staatskanzlei / MB

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