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Filiale in Regensburg betroffen: Galeria schließt 52 Warenhäuser

14.03.: Reaktionen zur Schließung

Die Nachricht, dass die Galeria Kaufhof Filiale in der Regensburger Altstadt noch in diesem Sommer dichtmachen muss, hat sich gestern Nachmittag wie ein Lauffeuer verbreitet. Die Filiale ist damit eine von 52 Betroffenen in Deutschland. Ein herber Schlag für die Mitarbeiter und die Altstadt. Ein Stimmungsbild an Tag 1 nach dieser Hiobsbotschaft.

 

14.03. Söder und Aiwanger kritisieren Galeria-Eigner

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) haben den Eigentümer des Warenhauskonzerns Galeria Karstadt Kaufhof, René Benko, und das Management kritisiert. Es bleibe ein «fader Beigeschmack», dass neben den vielen Ankündigungen und Hoffnungen doch die Sicherung der Immobilien das wichtigste Ziel gewesen sei, sagte Söder am Dienstag. Die Übernahme sei seinem Gefühl nach «nicht mit vollem Herzen» betrieben worden.

Aiwanger kritisierte – mit Blick auf Filialen, für die es in der Vergangenheit bereits Hilfen gegeben hatte – dass nicht die richtigen Schritte von der Konzernführung gemacht worden seien. «Es gehören bei einer Hilfsaktion auch zwei Seiten dazu. Nicht nur der Helfende, sondern eben auch der, dem geholfen worden ist. Und das wurde eben zu einem Teil enttäuscht.»

Aiwanger geht von grob 1000 betroffenen Mitarbeitern in Bayern aus. Er und Söder äußerten sich zuversichtlich, dass es angesichts des guten Arbeitsmarkts gelingen werde, neue Jobs für sie zu finden. Zudem geht der Wirtschaftsminister davon aus, dass ein Teil der Filialen «vielleicht unter neuer Fahne» weitergeführt werde. Dem Sender Antenne Bayern sagte er: «Nach unserem derzeitigen Kenntnisstand gibt es aber durchaus auch andere Interessenten, die sich für die aufgegebenen Galeria-Filialen interessieren. Viele Standorte gerade in Bayern sind an und für sich durchaus attraktiv und könnten für andere Anbieter geeignet sein.»

Zudem sagte Aiwanger, er wolle Gespräche mit Kommunen und Management. Er könne sich durchaus vorstellen, alle zusammen an einen Tisch zu bringen, um die Dinge zu klären. Am Montag war bekannt geworden, dass in Bayern 10 von 22 Galeria-Filialen geschlossen werden sollen.

 

13.03. Galeria schließt 52 Filialen

Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof will nach Angaben des Gesamtbetriebsrats 52 der noch verbliebenen 129 Warenhäuser schließen. «Insgesamt werden somit weit über 5000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz verlieren», berichteten die Arbeitnehmervertreter des Unternehmens am Montag. «Dies ist ein rabenschwarzer Tag», betonte der Betriebsrat.

Zuletzt hatten die Mitarbeitenden ihre Hoffnung auf einen möglichen Investor gesetzt. Dieser hat aber Ende 2022 abgelehnt. Bereits zuvor hatte der Konzern angekündigt, 90 Filialen in Deutschland schließen zu wollen.

Jetzt ist es offiziell: Die Filiale am Neupfarrplatz in Regensburg ist von den Schließungen betroffen.

 

 

Statement von Dr. Jürgen Helmes – Hauptgeschäftsführer IHK Regensburg für Oberpfalz / Kelheim

Das Galeria-Haus am Neupfarrplatz ist ein wichtiger Frequenzbringer für den Handelsstandort Altstadt. Wie groß die negativen Auswirkungen der Schließung sein werden, ist noch nicht abzusehen. Trotzdem wollen wir positiv nach vorne schauen. Kurzfristig können andere Geschäfte von der Schließung profitieren, denn es kommt hochqualifiziertes Fachpersonal auf den Arbeitsmarkt. Langfristig bietet sich die Chance, im Herzen der Altstadt die Stadtentwicklung neu zu denken.

(Pressemitteilung IHK Regensburg)

 

 

«Das ist zweifellos heute für uns alle ein schwerer Tag», sagte der Galeria-Generallbevollmächtigte Arndt Geiwitz am Montag bei der Veröffentlichung der Schließungsliste. Das Unternehmen habe in den vergangenen Wochen intensiv um jeden einzelnen Standort gerungen. Insgesamt 52 Warenhäuser könnten aber angesichts der volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der lokalen Gegebenheiten nicht fortgeführt werden.

 

Zum 30. Juni 2023 sollen folgende 21 Standorte geschlossen werden (in alphabetischer Reihenfolge):

  • Celle,
  • Coburg,
  • Cottbus,
  • Duisburg
  • Düsseldorfer Straße,
  • Erlangen,
  • Gelsenkirchen,
  • Hagen,
  • Hamburg-Harburg,
  • Hamburg-Wandsbek,
  • Leipzig Neumarkt,
  • Leverkusen,
  • München-Bahnhof,
  • Neuss,
  • Nürnberg Königstraße,
  • Nürnberg-Langwasser,
  • Offenbach,
  • Paderborn,
  • Regensburg Neupfarrplatz,
  • Saarbrücken am Bahnhof,
  • Siegen,
  • Wiesbaden Kirchgasse

 

Zum 31. Januar 2024 ist dann die Schließung dieser 31 Filialen geplant:

  • Bayreuth,
  • Berlin-Charlottenburg,
  • Berlin-Müllerstraße,
  • Bielefeld,
  • Braunschweig,
  • Bremen,
  • Darmstadt am weißen Turm,
  • Dortmund,
  • Düsseldorf Schadowstraße,
  • Essen,
  • Esslingen,
  • Frankfurt Zeil,
  • Hanau,
  • Heidelberg Bismarckplatz,
  • Hildesheim,
  • Kempten,
  • Krefeld,
  • Leonberg,
  • Limburg,
  • Lübeck,
  • Mönchengladbach,
  • Oldenburg,
  • Pforzheim,
  • Reutlingen,
  • Rosenheim,
  • Rostock,
  • Schweinfurt,
  • Siegburg,
  • Stuttgart-Eberhard-Straße,
  • Viernheim-RNZ,
  • Wuppertal

 

Nach Angaben des Gesamtbetriebsrats werden im Zuge der Insolvenzverfahrens «weit über 5000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz verlieren». Es würden nicht nur Stellen in den Schließungsfilialen wegfallen. Geplant seien auch Flächenreduzierungen und ein Personalabbau in den verbleibenden Häusern und in den Zentralfunktionen.

Das Unternehmen selbst sprach von mehr als 4000 Betroffenen. Sie sollen das Angebot erhalten, in eine Transfergesellschaft zu wechseln, um sich für eine neue Stelle weiterzuqualifizieren.

«Dies ist ein rabenschwarzer Tag», erklärte der Gesamtbetriebsrat. Dass es so weit gekommen sei, liege nicht nur an der Corona-Pandemie und den Folgen des Unkraine-Krieges, sondern auch an hausgemachten Fehlern. Das Management stehe jetzt in der Verantwortung, der verbleibenden Belegschaft eine längerfristige berufliche Zukunft zu garantieren.

Nach den Plänen des Warenhauskonzerns sollen die verbleibenden 77 Filialen in den kommenden drei Jahren allesamt umfassend modernisiert werden. In Zukunft will sich der Konzern bei seinem Angebot vor allem auf die Bereiche Bekleidung, Schönheitspflege und Wohn-Accessoires konzentrieren. Bei der Gestaltung ihres Sortiments sollen die Filialen außerdem mehr Eigenständigkeit erhalten. Mit Blick auf das geplante Maßnahmenpaket sagte Galeria-Chef Miguel Müllenbach: «Das Warenhaus in Deutschland hat damit eine Zukunft.» Allerdings muss vor dem Neustart noch die Gläubigerversammlung am 27. März in Essen grünes Licht dafür geben. Lehnt sie den Insolvenzplan ab, droht dem Unternehmen das sofortige Aus.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, betonte in vielen von Warenhausschließungen betroffenen Städten werde die aktuelle Entwicklung auch als städtebauliche Chance verstanden. «Es gibt schon Ideen oder Pläne, wie neues Leben in die Kaufhäuser einziehen kann: als Universitätsstandort oder Schule, mit Start-ups, Co-Working-Labs, Künstler-Ateliers oder mit dem Bürgerservice, als Mehr-Generationenhaus oder Wohngebäude.» Ehemalige Kaufhausstandorte, die bereits umgenutzt worden seien, böten dafür gute Beispiele.

Die Gewerkschaft Verdi kündigte an, sie wolle nun die vorgelegte Schließungsliste genau prüfen, um nach Möglichkeiten zu suchen, um einige der Filialen doch noch zu erhalten.

 

Der Hintergrund:

Galeria Karstadt Kaufhof hatte Ende Oktober zum zweiten Mal innerhalb von weniger als drei Jahren Rettung in einem Schutzschirm-Insolvenzverfahren suchen müssen. Als Grund für die bedrohliche Lage des Unternehmens nannte Konzernchef Miguel Müllenbach damals in einem Mitarbeiterbrief die explodierenden Energiepreise und die Konsumflaute in Deutschland. Der Manager ließ von Anfang an keinen Zweifel daran, dass die erneute Sanierung mit erheblichen Einschnitten in das Filialnetz und einem deutlichen Stellenabbau verbunden sein würde.

Es ist bereits der zweite Versuch, den Handelsriesen durch ein Schutzschirmverfahren und den damit verbundenen Schuldenschnitt wieder dauerhaft auf Erfolgskurs zu bringen. Ein erster Anlauf, der 2020 während des ersten Corona-Lockdowns gestartet worden war, hatte dem Unternehmen trotz der Schließung von rund 40 Filialen, dem Abbau von etwa 4000 Stellen und der Streichung von mehr als zwei Milliarden Euro an Schulden nur vorübergehende Entlastung gebracht.

Bereits Anfang 2021 und Anfang 2022 noch einmal musste der geschrumpfte Handelsriese angesichts der Pandemie um staatliche Unterstützung bitten. Insgesamt griff der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) dem Traditionsunternehmen in zwei Hilfsaktionen mit 680 Millionen Euro unter die Arme – ohne Erfolg.

Der Galeria-Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz, der auch schon das erste Schutzschirmverfahren als Sanierungsexperte begleitet hatte, zeigte sich zuletzt zuversichtlich, dass es dank des zweiten Schutzschirmverfahrens noch eine Perspektive für den Warenhauskonzern gebe. «Ich bin davon überzeugt, dass die Galeria-Warenhäuser eine Zukunft haben, wenn auch nicht in ihrer derzeitigen Form», betonte der Sanierer in einem Interview. Der Handelsriese müsse dafür allerdings kleiner und dezentraler werden. Galeria werde hoffentlich «in drei Kalenderjahren» wieder Gewinn machen. Vorher fielen wegen der Umstrukturierungskosten etwa für Umbauten sicher weitere Verluste an.

 

dpa / MB

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