
Geschiedene - Ist Kardinal Müller noch ein Reformer?
Wenn am Sonntag die Bischofssynode in Rom eröffnet wird, dann führt Kardinal Gerhard Ludwig Müller die Schar der konservativen Hardliner an. Der Präfekt der Glaubenskongregation und ehemalige Regensburger Bischof ist dagegen, dass geschiedene Wiederverheiratete zur Kommunion zugelassen werden. Dabei hatte er das früher noch anders gesehen.
In einem Sammelband des Herder-Verlags mit dem Titel «Geschieden – Wiederverheiratet – Abgewiesen? Antworten der Theologie» empfahl Müller 1995 eine Wiederbelebung der «sakramentalen Rekonziliation», wie sie in der Frühzeit der Kirche üblich war. Das bedeutet: Wenn eine Ehe unwiderruflich zerrüttet ist und eine zweite Ehe nicht einfach rückgängig gemacht werden kann, kann der Betroffene nach einer Zeit der Reue und Buße wieder mit der Kirche versöhnt werden. «Die Zulassung zur heiligen Kommunion wäre dann (…) eine offenkundige Wiederteilnahme am öffentlichen sakramentalen und liturgischen Leben der Kirche», schrieb Müller.
Er berief sich dabei auch auf einen anderen heutigen Reformgegner, der das damals ebenfalls noch anders sah: Joseph Ratzinger. Der spätere Papst Benedikt XVI. hatte 1972 in einem Aufsatz «Zur Frage nach der Unauflöslichkeit der Ehe» geschrieben: Es «sollte auf einem außergerichtlichen Weg auf das Zeugnis des Pfarrers und von Gemeindegliedern hin die Zulassung der in einer solchen zweiten Ehe Lebenden zur Kommunion gewährt werden».
dpa