Do, 05.08.2021 , 11:52 Uhr

Zwei Züge frontal zusammengeprallt

Zugunglück in Tschechien: Grenzüberschreitender Rettungsdienst funktioniert

Bei einem schweren Zugunglück in Tschechien war am Mittwoch, 4. August 20201, auch ein Zug des alex aus Bayern beteiligt. Einsatzkräfte des Bayerischen Roten Kreuzes hatten sich sofort auf den Weg gemacht und viele Verletzte versorgt. Dieser Unfall hat deutlich gemacht, wie wichtig der grenzüberschreitende Rettungsdienst ist.

Bei einem schweren Zugunglück in Tschechien nahe der bayerischen Grenze sind drei Menschen getötet und Dutzende verletzt worden. Ein aus München kommender Expresszug stieß am Mittwoch frontal mit einem entgegenkommenden Regionalzug zusammen. Neben den beiden Lokführern - beide tschechische Staatsangehörige - kam nach Polizeiangaben eine Frau aus dem Regionaltriebwagen ums Leben.

69 Personen seien bei dem tragischen Unglück teilweise schwer verletzt worden, teilte das Bayerische Rote Kreuz mit. Der Einsatz in Milavče, einem Ort, der zehn Autominuten von Domažlice entfernt liegt, bedeutete auch für 40 Kollegen des BRK-Kreisverbands Cham jede Menge Arbeit. Bereits 25 Minuten nach der Alarmierung sind die ersten bayerischen Kollegen am Unglücksort gewesen.

Die Arbeit des Kompetenz- und Koordinierungszentrums Grenzüberschreitender Rettungsdienst zwischen Deutschland und Tschechien mit Sitz im Rettungszentrum Furth im Wald klappte ohne Probleme. 

Insgesamt rückten 15 BRK-Fahrzeuge und rund 40 Kräfte des BRK-Kreisverbandes Cham ins Nachbarland aus, 6 Rettungswagen, 4 Krankentransportwagen, 2 Einsatzleitwagen und der Gerätewagen der Schnelleinsatzgruppe Behandlung. Die Einsatzkräfte des BRK kümmerten sich vor Ort hauptsächlich um die leichter verletzten Fahrgäste, die größtenteils mit einem Schrecken davon gekommen waren.

Bis zum Mittag brachten die Einsatzkräfte aus der Oberpfalz – auch zwei Chamer Notärzte waren vor Ort – zehn deutsche Zuginsassen in Krankenhäuser nach Cham, Schwandorf und Regensburg. Sie hatten leichte bis mittelschwere Verletzungen erlitten.

 

Zusammenarbeit mit Tschechien funktionierte reibungslos

Für Chams BRK-Verantwortliche war der Einsatz ein „Musterbeispiel für die hervorragende Zusammenarbeit mit den tschechischen Kollegen“, wie es BRK-Präsident und Kreisvorsitzender Theo Zellner am Abend formulierte. „Das war ein kraftvolles, effektives Miteinander, das wir hier über das Koordinierungszentrum in Furth erlebt haben“, sagte Zellner, der den Chamer Einsatzkräften für ihr „beherztes, zupackendes Engagement“ dankte.

Manfred Maurer, Projektleiter Grenzüberschreitender Rettungsdienst, hob vor allem seine Stellvertreterin Tereza Homolková, die in Milavče besonders als Dolmetscherin gefordert war, und Tobias Muhr hervor. Der spielte den Dank an sein Team zurück.

 

„Ein Schadensereignis wie dieses wäre ohne das Ehrenamt weder auf deutscher noch auf tschechischer Seite zu bewältigen." - Tobias Muhr, Leiter BRK-Katastrophenschutz Cham

 

Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit am Mittwoch sei in höchstem Maße koordiniert und vorbildlich gewesen.

Theo Zellner sprach den Angehörigen der drei tödlich verunglückten tschechischen Staatsbürger im Namen des Chamer BRK seine Anteilnahme aus – so, wie er den Verletzten des Unglücks „baldige Genesung“ wünschte.

 

„Solch ein Unglück ist für alle Beteiligten eine enorme Herausforderung und eine gewaltige psychische Belastung. Besonders wichtig ist es, dass wir den Menschen in dieser Notsituation schnellstmöglich Hilfe leisten und Sicherheit geben können.“ - Franz Löffler, Landrat des Landkreises Cham und Bezirkstagspräsident.

 

Ein zentraler Bestandteil hierfür ist der grenzüberschreitende Rettungsdienst. Durch eine 2019 mit dem Bezirk Pilsen getroffene Vereinbarung und den Einsatz des grenzüberschreitenden Kommunikationssystems Babylon 2 können im Ernstfall rasch von beiden Seiten Einsatzkräfte angefordert werden. Diese Zusammenarbeit, die sich in der Vergangenheit bereits mehrfach bewährt hat, kam auch beim Zugunglück in Milavče wieder erfolgreich zum Tragen.

„In solchen Momenten merken wir, wie wertvoll unsere nachbarschaftlichen Beziehungen und die mit der tschechischen Seite getroffenen Vereinbarungen sind“, so Löffler weiter. Nach Abschluss der Rettungsarbeiten gehe es jetzt in erster Linie darum, dass die Verletzten bald wieder genesen und die Angehörigen gut betreut werden.

 

„Ich wünsche den Betroffenen und ihren Familien viel Kraft in dieser schweren Zeit und hoffe, dass sie sich gut von dem Erlebten erholen. Zugleich danke ich unseren Rettungskräften für ihren Einsatz und ihre Leistungsbereitschaft, die man gar nicht hoch genug schätzen kann“, betont Löffler.

 

Auch von tschechischer Seite wird die Unterstützung durch die bayerischen Rettungskräfte gewürdigt. Seitens eines Chefarztes der Universitätsklinik Pilsen wurde bereits ein persönlicher Dank an den BRK-Kreisverband für die hervorragende Zusammenarbeit gerichtet.

 

Unglück geschah am Mittwochmorgen

Zu dem Unglück kam es auf einer eingleisigen Strecke bei Domazlice (Taus) im Südwesten des Landes. Verkehrsminister Karel Havlicek eilte an die Unglücksstelle. «Die Situation ist ernst», sagte er vor Ort. Er lobte die Reaktion der Rettungskräfte, die schnell mit Dutzenden Helfern und vier Hubschraubern am Ort gewesen seien.

Bilder machten die ungeheure Wucht des Aufpralls deutlich. Die Führerstände der Lokomotive und des Triebwagens wurden völlig zerstört und tief eingedrückt, ganze Waggons waren verzogen. «Plötzlich gab es einen furchtbaren Schlag und alles ist durch die Gegend geflogen», sagte ein Augenzeuge der Zeitung «Pravo». «Einfach schrecklich», meinte ein anderer.

 

Zug hat wohl Haltesignale missachtet

Nach ersten Erkenntnissen habe der Expresszug München-Prag zunächst ein Langsamfahrt- und dann ein Haltesignal missachtet, erläuterte Verkehrsminister Havlicek. Er sei dann auf der eingleisigen Strecke mit dem entgegenkommenden Triebwagenzug kollidiert, der auf dem Weg von Pilsen (Plzen) nach Domazlice an der deutschen Grenze war.

Die offiziellen Ermittlungen zur Unfallursache dürften Monate in Anspruch nehmen. Auch ein technischer Defekt werde nicht ausgeschlossen, hieß es. Zu dem Zusammenstoß kam es bei dem Dorf Milavce. Viele der Fahrgäste mussten psychologisch betreut werden. Sie kamen in einem Gemeindehaus unter, bevor ihre Weiterreise organisiert werden konnte.

 

Immer wieder Unfälle in Tschechien

Auf tschechischen Eisenbahnstrecken kommt es immer wieder zu Unfällen. Die Sicherungstechnik gilt vielerorts als veraltet. Erst vor einem Jahr waren im Erzgebirge nahe der deutschen Grenze zwei Züge frontal zusammengestoßen. Dabei waren zwei Menschen gestorben, darunter ein Deutscher.

Die Regierung in Prag hatte daraufhin ein Modernisierungsprogramm für die Signaltechnik angekündigt. Das moderne europäische Zugsicherungssystem ETCS ist nach aktuellen Angaben erst auf rund 500 Kilometern des Streckennetzes installiert. Bis 2025 soll es zumindest auf allen Hauptkorridorstrecken vorhanden sein.

 

Schaden in Millionenhöhe

Der Sachschaden geht nach ersten Schätzungen in die Millionen Euro. Die Strecke muss mindestens bis Freitagabend gesperrt bleiben. Seit Jahren wird über einen Ausbau der Bahnverbindung zwischen München und Prag gesprochen. Derzeit beträgt die Fahrzeit zwischen den beiden Städten, die nur knapp 300 Kilometer Luftlinie voneinander entfernt sind, noch fast sechs Stunden.

Der verunglückte Zug war in München als «Alex» der Länderbahn gestartet. «Es sind schreckliche Bilder, die uns aus Tschechien erreichen», sagte Wolfgang Pollety, der Geschäftsführer der Länderbahn. Personal der tschechischen Staatsbahn Ceske Drahy (CD) hatte den Zug an der Grenze übernommen. Eisenbahnrechtlich habe der Zug daher in der Verantwortung der CD gestanden, hieß es.

 

dpa/BRK/Bezirk Oberpfalz/MB

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