Sa, 04.07.2020 , 08:00 Uhr

Volksentscheid am 4. Juli 2010: Zehn Jahre bayerisches Rauchverbot

Heute ist es kaum noch vorstellbar: Bis vor zehn Jahren konnte in Nebenzimmern von Kneipen und Gaststätten in Bayern vergleichsweise hemmungslos geraucht werden – in Bierzelten sowieso. Doch dann kam im Jahr 2010 der Volksentscheid. Genau heute vor 10 Jahren hat die Bevölkerung darüber abgestimmt.

 

Es war deutlich: 61 Prozent der Bayern entschieden sich am 4. Juli 2010 in einem Volksentscheid für ein strenges Rauchverbot in Gaststätten, Clubs, Kneipen und Bierzelten. Am 1. August trat das Verbot in Kraft. Die bis dahin geltende Regelung, die das Rauchen in Nebenräumen von Wirtshäusern, in kleinen Einraumkneipen und in Bierzelten erlaubte, war damit Geschichte. Seither müssen die Wirte im Freistaat ihre Gäste zum Qualmen vor die Tür schicken.

Dem Entscheid war ein jahrelanger Streit vorausgegangen und der Aufschrei unter Kritikern war damals groß. Gastwirte fürchteten Umsatzeinbußen, Wiesnwirte waren sauer. «Die Wiesn ist ein Vergnügungszentrum, kein Rehazentrum», sagte der damalige Wirtesprecher Toni Roiderer.

Heute ist der Rauch längst verflogen. «Es ist kein Thema mehr», sagt der Landesgeschäftsführer des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Thomas Geppert. Er betont aber: «Es war damals tatsächlich schlimm, vor allem für die getränkegeprägte Gastronomie. Es hat auch zu Betriebsaufgaben geführt.»

 

Zahl der Raucher in Bayern sinkt

Nach Angaben des bayerischen Gesundheitsministeriums geht die Zahl der Raucher in Bayern sogar noch mehr zurück als im Bundesdurchschnitt. Deutschlandweit hat Bayern zusammen mit dem Saarland die niedrigste Raucherquote, heißt es auf der Homepage des Ministeriums. Demnach sank die Raucherquote in Bayern bei den 15- bis 29-Jährigen von 29,1 Prozent im Jahr 2009 auf 21,7 Prozent im Jahr 2017.

 

 

Sebastian Frankenberger und der Volksentscheid

«Im Großen und Ganzen war es für 99 Prozent der Leute eine positive Geschichte», sagt Sebastian Frankenberger. Der Mann, dem Bayern das strenge Verbot zu verdanken haben, hat dem Freistaat inzwischen den Rücken gekehrt. Der ehemalige Vorsitzende der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP) und Initiator des Volksbegehrens, das zum Volksentscheid führte, lebt heute in Österreich. An das Bürgerbegehren und den erfolgreichen Volksentscheid, die ihn auch bundesweit zeitweise berühmt machten, denkt er heute noch gern zurück. Eine großartige Kampagne sei das gewesen, sagt er. «Die Mutbürger haben gemerkt, wir können durch Bürgerbeteiligung etwas erreichen.»

Aber eine, die auch für den Passauer Frankenberger persönlich nicht ohne Folgen blieb. Wirte in ganz Bayern nahmen Frankenberger den Volksentscheid übel. Er erhielt Hausverbote – sogar bei einer ÖDP-Veranstaltung zum Politschen Aschermittwoch ein Jahr nach dem Volksentscheid. Eigentlich sollte er dabei Hauptredner sein. Doch er hatte seine Rechnung ohne den Wirt gemacht. «Herr Frankenberger hat hier Hausverbot», sagte der Wirt damals. Die ÖDP habe einen Raum für eine Versammlung von 40 Menschen gemietet – von Frankenberger sei nie die Rede gewesen.

Doch es kam noch schlimmer: Frankenberger wurde bedroht, auf seinem Auto wurden Zigaretten verteilt; er erhielt nach eigenen Angaben sogar Morddrohungen – auch Jahre nach der Abstimmung noch. «Rauchen ist eine Sucht und die Sucht führt zu krudesten Ansichten und Reflexen», sagt Frankenberger. Er will heute darüber aber nicht weiter sprechen: «Ich konzentriere mich lieber auf das Positive», sagt er. Denn er bekommt nach eigenen Angaben auch zehn Jahre danach noch den Dank ehemaliger Raucher. «Die bedanken sich und sagen: Durch Sie bin ich Nichtraucher geworden», sagt der 38-Jährige.

Frankenberger war 2015 nach innerparteilichem Streit aus der ÖDP ausgetreten und hatte sich aus der deutschen Politik zurückgezogen. Heute arbeitet er als Berater im Tourismusbereich in Wien, kann sich eine Rückkehr in die Politik aber durchaus vorstellen. «Ich würde liebend gern wieder Politik machen und Kampagnen», sagte er. «Was die Grünen machen, ist spannend – gerade auch in Österreich.»

 

dpa

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