Fr, 18.01.2019 , 09:52 Uhr

Urteil im Prozess um Tod von Maurice K. in Passau

Ein Dreivierteljahr nach dem gewaltsamen Tod des Schülers Maurice K. in Passau sind am Donnerstag, 17.01.19, die Urteile im Prozess gegen die vier Tatverdächtigen gesprochen worden. Der Älteste der vier Angeklagten ist zu einer dreieinhalbjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden, die drei jüngeren haben Bewährungsstrafen von einem Jahr bis einem Jahr und neun Monaten erhalten.

Äußerlich ungerührt haben die vier ihr Urteil zur Kenntnis genommen. Die Staatsanwaltschaft hatte den Verdächtigen ursprünglich unter anderem Körperverletzung mit Todesfolge zur Last gelegt. Davon rückte sie nach Gerichtsangaben in ihren Plädoyers ab. Stattdessen warf die Anklagebehörde den jungen Männern unter anderem gefährliche Körperverletzung vor. Die Verteidiger sahen lediglich bei zwei der Angeklagten gefährliche Körperverletzung als gegeben an.

Der Verhandlungstag zusammengefasst:

«Im Zweifel für die Angeklagten», sagt die Vorsitzende Richterin Ursula Raab-Gaudin am Donnerstag zum Ende eines gut zweimonatigen Prozesses. Der älteste der vier Angeklagten wird zu einer dreieinhalbjährigen Gefängnisstrafe verurteilt, die drei jüngeren erhalten Bewährungsstrafen von einem Jahr bis einem Jahr und neun Monaten. Äußerlich ungerührt nehmen sie ihr Urteil zur Kenntnis.

Am letzten Verhandlungstag fasst die Richterin das dramatische Geschehen noch einmal zusammen. Den Angeklagten gegenüber sitzt die Mutter des Opfers, die die schrecklichen Details gefasst erträgt. Sie war an jenem Abend im April zufällig hinzugekommen, als ihr Sohn zusammensackte und der Notarzt um dessen Leben kämpfte.

Maurice und ein Gleichaltriger hatten sich an einer Unterführung in der Innenstadt zu einem Kampf «1 gegen 1» verabredet. Sie konnten sich nicht leiden, redeten schlecht übereinander. Das wollten sie klären – mit Fäusten. Etwa 20 Zuschauer standen um das Duo herum, einige mischten sich ein. Das Gericht macht den inzwischen 16-jährigen Kontrahenten und einen 25-jährigen Angeklagten als Haupttatverdächtige aus. Einer der beiden habe wohl den entscheidenden Schlag ausgeführt, sagt die Vorsitzende Richtern. Jedoch lasse sich nicht mit Sicherheit sagen, wer von ihnen.

Nach Überzeugung des Gerichtes hatten sich die 15 und 17 Jahre alten Angeklagten in den Kampf eingemischt. Ihr 25-jähriger Cousin sei dann mit zwei brutalen Schlägen dazwischen gegangen, einer gegen den Kopf und einer in den Bauch – das hätten auch Zeugen so ausgesagt. Von dem Moment an sei Maurice benommen und nicht mehr zur Gegenwehr fähig gewesen. Danach schlug der eigentliche Kontrahent wieder zu, mehrere Schläge gegen den Kopf. Maurices Reflexe seien ausgeschaltet gewesen, er habe zwar Blut eingeatmet, aber nicht mehr ausgehustet. Er habe mit dem Rücken zu einer Wand gestanden, die Arme nur noch kurz gehoben und dann die Hände sinken lassen. Keine Abwehr mehr.

Dem 25-Jährigen legt das Gericht unter anderem vorsätzliche Körperverletzung, fahrlässige Tötung und die Beteiligung an einer Schlägerei zur Last. Mit seinen Schlägen sei das Bewusstsein des Opfers bereits getrübt worden. Der 16-Jährige habe sich der vorsätzlichen Körperverletzung sowie Beteiligung an einer Schlägerei strafbar gemacht. Zudem habe er später Polizisten angegriffen und beleidigt. Die weiteren Angeklagten verurteilt das Gericht wegen gefährlicher Körperverletzung und Beteiligung an einer Schlägerei.

Nach der Schlägerei brüstete sich der 25-Jährige noch mit einer Botschaft in sozialen Netzwerken: «Ich habe einen k.o. geschlagen.» Dass sich der junge Mann mit derartig brutalen Schlägen gegen Maurice richtete, sei völlig unverhältnismäßig gewesen. «Da mischt sich ein durchtrainierter, überlegener Erwachsener in einen Kampf ein. Das waren fast noch Kinder, 15 Jahre alt.» Der groß und kräftig gebaute Maurice habe die zwei kleineren Cousins des 25-Jährigen locker abschütteln können. Mit seinem Einschreiten habe der 25-Jährige, der bereits wegen anderer Delikte in Haft saß, dafür gesorgt, dass sich der Kampf «1 gegen 1» zu diesem dramatischen Geschehen entwickelte.

Nicht nachvollziehbar war für das Gericht das Verhalten des Kontrahenten von Maurice nach der Tat. Als die Polizei T-Shirt und Hose des Schülers zur Spurensicherung sicherstellen wollte, griff dieser die Beamten heftig an und überzog sie demnach mit übelsten Beleidigungen: «Das ist ja wohl der Hammer: Da führt sich ein 15-jähriger Schüler dermaßen auf, dass Polizisten zu sechst eingreifen mussten, um ihm T-Shirt und Hose auszuziehen.»

Positiv rechnete das Gericht den vier Angeklagten an, dass sie in ihren – unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorgetragenen letzten Worten – Bedauern gezeigt hätten. Da hätten sie ihre Coolness abgelegt, sagte die Richterin. Die letzten Worte seien teilweise sehr eindringlich und emotional gewesen. Der Jüngste habe gesagt, immer an die Mutter von Maurice denken zu müssen, weil er sich frage, wie es seiner eigenen Mutter gehen würde, wenn er gestorben wäre. Es hätte tatsächlich jeden treffen können, sagt die Richterin. «Und das zeigt, warum solche Schlägereien Unsinn sind, weil sie eskalieren können.»

Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

 

dpa / MB / MF

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