Eine mittelalterliche Urkunde aus einem belgischen Kloster ist im Archiv der Universität Regensburg entdeckt worden. Bei dem Schriftstück aus Pergament aus dem Jahr 1290 handelt es sich um ein Beutestück deutscher Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg, sagte Archivar Andreas Becker. Die gut erhaltene Urkunde, die einen Rechtsstreit zwischen der Äbtissin des Klosters Mesen und der belgischen Stadt Ypern um die Nutzung eines Kanals schlichtet, soll noch in diesem Herbst zurückgegeben werden.
Auf welchem Weg die Kriegsbeute schließlich an die Uni Regensburg kam, ist unklar. „Wir wissen gesichert, dass deutsche Soldaten im Winter 1914/15 das Kloster geplündert haben. Dabei muss die Urkunde in die Hand eines Soldaten gelangt sein“, erläuterte Archivar Becker. Möglicherweise sei dann ein Militärarzt, der einen verwundeten Soldaten behandelt hatte, in den Besitz des Schriftstückes gekommen.
Jahrzehntelang schlummerte das mittelalterliche Schriftstück in einem Tresor der Philosophisch-Theologischen Hochschule Regensburg, die 1923 gegründet und 1939 wieder geschlossen wurde. Tresor und Urkunde gingen später in den Besitz der Katholisch-Theologischen Fakultät über. Erst 2011 übernahm das Universitätsarchiv die Unterlagen der Fakultät.
Im vergangenen Jahr öffnete der Archivar dann den Tresor mit Hilfe eines Schlossers. „Der Tresor war nur mit einem simplen Vorhängeschloss gesichert und enthielt Jahrbücher der Hochschule. In einem Geheimfach entdeckten wir dann aber den spektakulären Fund“, erklärte Archivar Becker. Die Urkunde war zwar dreifach gefaltet und das Wachssiegel leicht beschädigt, aber ansonsten in einem erstaunlich guten Zustand.
Ende September, 100 Jahre nach Beginn des Ersten Weltkrieges, soll die Urkunde an die Stadt Ypern übergeben werden. „Das ist ein kleiner Beitrag zur Versöhnung“, sagte der Präsident der Universität Regensburg, Udo Hebel. Zuvor wird die 724 Jahre alte Urkunde am 16. Juli in der Kunsthalle der Universität der Öffentlichkeit präsentiert. „Da können wir den Studenten auch zeigen, was Forschung ausmacht. Solche Funde sehen sie sonst nur in Büchern oder im Internet“, erläuterte Hebel.
dpa/lby