Seit über einem Jahr hilft die Seenotrettungsorganisation Sea-Eye, Flüchtlinge vor dem Ertrinken im Mittelmeer zu retten. Allein 2017 bewahrte Sea-Eye 6721 Menschen vor dem sicheren Tod. Doch mittlerweile haben die Retter um Gründer Michael Buschheuer noch viel mehr Probleme. Denn der Druck von der Politik aus steigt immer weiter. Dabei will Sea-Eye doch nur helfen.
Die Rettungsmission vor der libyschen Küste an den Ostertagen wird den Mitgliedern von Sea-Eye wohl auf ewig in Erinnerung bleiben. In diesen Tagen retteten sie gemeinsam mit weiteren Hilfsorganisationen und dem Militär rund 7500 Menschen vor dem Ertrinken. Eigentlich ein Erfolg für alle. Doch durch die große Überlastung geriet auch die Sea-Eye selbst in Seenot. Außerdem sieht Gründer Michael Buschheuer einen gefährlichen Trend: Denn von den 7500 Flüchtlingen hat das Militär wohl gerade einmal 1400 gerettet. Die restlichen 6100 haben Nichtregierungsorganisationen (NGO) wie Sea-Eye gerettet. Und das war wohl kein Einzelfall. Buschheuer berichtet, dass sich das Militär immer weiter aus den Rettungsmissionen zurückzieht.
Gesteuert von den europäischen Regierungen werden den NGOs mittlerweile fast alle Rettungen überlassen. Und weiter: Die Innenminister von Frankreich, Italien und Deutschland beschuldigen Sea-Eye und Co., die Lage im Mittelmeer nur noch weiter zu verschlimmern und mit den Schleusern zusammenzuarbeiten. Deutschlands Innenminister Thomas de Maizière hatte im Rahmen eines Treffens der Europäischen Union davon gesprochen, dass NGOs bewusst ihre Transponder ausschalten würden und so ihren Seeweg bewusst verschleiern würden. Dieser Vorwurf bezieht sich laut Buschheuer auf einen ganz einfachen Grund: Da die Transponder über eine UKW-Frequenz (ähnlich wie beim Radio) laufen, ist der Empfang nicht permanent gewährleistet. Außerdem würden laut de Maizière die Rettungsschiffe mit Absicht ihre Scheinwerfer angeschaltet lassen, um Flüchtlinge anzulocken und sie retten zu können.
Da gerät auch der sonst recht besonnene Michael Buschheuer etwas in Rage. Anstatt Menschen im Mittelmeer zu retten, müsse man sich mit diesem Dreck befassen, sagt er.
Buschheuer hat verstanden, dass er sich mit seinem Team gegen diese Vorwürfe wehren muss. Das Problem sieht er nämlich bei der libyschen Küstenwache, die - wie Buschheuer schon länger vermutet - mit den Schleusern zusammenarbeiten soll. Weil auch die Europäische Union bzw. Deutschland die libysche Küstenwache mitfinanziere, würden auch die Schleuser profitieren. Die EU habe hierzu Verhaltensregeln für die Rettungsorganisationen aufgestellt. Bis auf die fehlenden technischen Standards seien diese Regeln sogar zu erfüllen.
Seit Kurzem tut sich ein weiteres Problem auf: Rechtsradikale wollen versuchen, die Flüchtlinge auf dem Meer zu stoppen.
In jedem Fall werden es schwere Zeiten für Sea-Eye und die weiteren NGOs auf dem Mittelmeer. Michael Buschheuer weiß aber, dass man sich wehren muss.
Video: Die Organisation Sea-Eye hat am Sonntag eine Pressekonferenz abgehalten.
LH/MF