Zum Welttag der Armen am 16. November rückt die Caritas Regensburg jene in den Mittelpunkt, die trotz Arbeit, Ausbildung oder Lebensleistung in Not geraten – und zugleich die Beratungsstellen, die täglich versuchen, Halt zu geben.
Im Beratungszentrum St. Gabriel wartet die 80-jährige Ilse Steiner* mit fünf schweren Aktenordnern auf Hilfe. Ihr Sohn, der sich bisher um alles kümmerte, liegt im Koma. Nun steht sie allein da, ohne Geld und Überblick. Szenen wie diese kennt Katharina Gold, Leiterin der Allgemeinen Sozialberatung (ASB), nur zu gut.
„Wir als Wohlfahrtsverband fangen die Menschen auf, die durch das staatliche Sozialsystem fallen“, sagt Gold.
Inflation, Wohnungsnot, Energiekosten und soziale Isolation belasten Menschen aus allen gesellschaftlichen Gruppen – von Rentnern über Alleinerziehende und Arbeitssuchende bis hin zu Akademikern. Viele geraten durch Jobverlust, psychische Belastungen oder fehlenden Wohnraum in existenzielle Krisen.
Allein 2024 führte die Caritas im Bistum Regensburg über 17.000 Beratungsgespräche. Im Schnitt braucht jede Person sechs bis sieben Termine, um wieder Stabilität zu finden. Das Prinzip lautet „Hilfe zur Selbsthilfe“ – doch mit nur zwei Vollzeit- und einer Teilzeitkraft ist die Sozialberatung längst am Limit.
„Wir reden hier nicht von Wartelisten für Studienplätze oder Fortbildungen, sondern von Existenzen – von Menschen, die ohne unsere Hilfe morgen nichts mehr zu essen haben oder ihre Wohnung verlieren“, betont Gold.
Um möglichst viele Fälle zu übernehmen, übernimmt Gold selbst zusätzliche Beratungen. „Alle reden von ‚leichter Sprache‘, aber viele Anträge sind so kompliziert, dass selbst Fachleute oft nicht durchblicken und den Behörden fehlt oft die Zeit, beim Ausfüllen zu helfen“, kritisiert sie.
Zwischen dem Internationalen Tag für die Beseitigung der Armut am 17. Oktober und dem Welttag der Armen richtet die Caritas den Blick auf jene, die trotz Arbeit in Armut leben – und auf die Stellen, die ihnen helfen. Doch diese geraten selbst in Bedrängnis: Die Allgemeine Sozialberatung wird fast ausschließlich aus Eigenmitteln, Kirchensteuern und Spenden finanziert. Eine gesetzliche Verpflichtung zur staatlichen Refinanzierung existiert nicht.
Der Deutsche Caritasverband (DCV) warnt, dass die Beratungsstellen bundesweit auf der Kippe stehen. Bereits im Vorjahr mussten ein Viertel der Träger ihr Angebot einschränken oder aufgeben. Ohne zusätzliche Unterstützung drohe der Wegfall eines zentralen sozialen Sicherungsnetzes.
„Wir sind die Feuerwehr der sozialen Arbeit“, sagt Gold. „Wenn Menschen in Not geraten, kommen sie zuerst zu uns. Aber auch wir brauchen Unterstützung – damit wir weiterhin helfen können, bevor es zu spät ist.“
Die Allgemeine Sozialberatung der Caritas Regensburg bietet kostenlose und anonyme Hilfe für alle Menschen – unabhängig von Herkunft, Alter, Religion oder sexueller Orientierung. Zum Angebot gehören Notfallhilfe, Schuldner- und Insolvenzberatung, ein Patenschaftsprogramm für Familien und Kinder in Not, der Kleiderladen CarLa sowie Familien- und Seniorenhilfe.
PM Caritasverband für die Diözese Regensburg e.V. / KH