Fr., 19.09.2025 , 14:38 Uhr

Zweitägiges Symposium mit Festredner Walter Röhrl

Regensburg: Symposium zu "Gesundem Sitzen" mit Joachim Grifka

Rückenschmerzen gehören zu den größten Volksleiden in Deutschland: Laut dem Gesundheitsatlas 2022 war fast jeder Dritte betroffen. Für die Krankenkassen entstanden dadurch Kosten von über 11,6 Milliarden Euro. Beschäftigte fehlten im Durchschnitt rund drei Arbeitstage krankheitsbedingt. Eine häufige Ursache sind langes Sitzen und Fehlhaltungen. Genau darüber diskutierten Experten bei einem Symposium an der OTH Regensburg. Mit dabei waren Orthopädie-Professor Joachim Grifka und Rennfahrer-Legende Walter Röhrl, die gemeinsam aufzeigten, welche Maßnahmen helfen können, um Rückenschmerzen vorzubeugen.

In Deutschland ist der Dienstleistungsbereich von großer Bedeutung. Außerdem gehört bei ca. 70 Prozent der Arbeitsplätze Bildschirmarbeit zur Routine. Die DKV hat eine gesamte durchschnittliche Sitzbelastung von mehr als zehn Stunden pro Tag publiziert. Bisher fehlt es an Lösungen, um Sitzen gesünder zu machen. Muskelskelett-Erkrankungen sind die zweithäufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeitszeiten und Frühberentungen. Sie machen fast ein Drittel aller Arbeitsausfälle aus.

„Wenn wir beschäftigungsbedingt sitzen müssen, sollten wir gesund sitzen“, fordert Prof. Dr. med. Dr. h.c. mult. Joachim Grifka, Leiter der Forschungsstelle Orthopädie und Ergonomie an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg. Er hatte zum zweitägigen Symposium „Gesundes Sitzen“ an die OTH eingeladen. Mit Experten aus ganz Deutschland war auch Rallye-Weltmeister Walter Röhrl als Festredner gekommen.  

Besonders ausgeprägt waren während der Covid-Zeit Rücken- und Schulter-Nacken-Beschwerden durch Homeoffice. Auch heute gilt noch, dass der Arbeitgeber zwar IT-Sicherheitsmaßnahmen für die Verwendung eines Laptops trifft, aber nicht für die sonstigen Arbeitsmittel zuständig ist. So ist findet das Arbeiten stundenlang am Küchentisch und mit einem nicht geeignetem Stuhl oder einer entsprechenden Einheit von Stuhl, Tisch und Bildschirm statt.

In der Covid-Zeit sind ein Drittel mehr Patienten mit behandlungsbedürftigen Halswirbelsäulenbeschwerden, bis hin zu Bandscheibenvorfällen in den Sprechstunden gewesen. Eine wesentliche Ursache ist die falsche Einstellung des Stuhls und die falsche Stellung des Bildschirms. Der Tisch muss in der Höhe so eingestellt sein, dass die Unterarme leicht zur Schreibtischfläche nach unten geneigt sind, also die Hände quasi auf die Tastatur fallen. Der Bildschirm soll mit der Oberkante auf Höhe der Augen sein, so dass der Kopf leicht nach unten geneigt ist, was zu einer geraden Halswirbelsäule beiträgt. „Es sind zum Teil recht einfache Maßnahmen, um Beschwerden durch Schreibtischarbeit zu bessern oder auch ganz zu beheben“, so Prof. Joachim Grifka, Leiter der Forschungsstelle Orthopädie und Ergonomie der OTH Regensburg, Veranstalter des Symposiums „Gesundes Sitzen“.

Auf dem Sitzsymposium wurde die richtige Einrichtung, die Einstellung des Bürostuhls und die Anordnung des Bildschirms auf den Schreibtisch gezeigt. Eine detaillierte Zusammenstellung, einschließlich gezielter Übungen für Rumpf, Wirbelsäule und Schulter-Nacken-Bereich hat Grifka in seinem Ratgeber „Gesund im Homeoffice und Büro“ zusammengefasst.

„In den achtziger Jahren hat die Autositzentwicklung den Lendenwulst promotet, der in ähnlicher Weise auch bei Bürostühlen umgesetzt wurde. Heute wissen wir, dass dies anatomisch-ergonomisch ungünstig ist und zu Beschwerden im Rücken und Hüftbereich führen kann.“ so Prof Joachim Grifka. Als Abstützung des Oberkörpers und Entlastung der Wirbelsäule hat er eine Thoraxstütze entwickelt, die sich in der Routine bei Fahrzeugsitzen und im Bürobereich bewährt hat. „Die Innovation der Thoraxstütze anstelle des Lendenwulstes ist ein Paradigmenwechsel und eine Grundlage für ein gesünderes Sitzen“,

so Grifka weiter. Dies wurde in einem Bürostuhl umgesetzt und in seiner Wirkung evaluiert.

Im Homeofficebereich muss Sitzen mit den gleichen Anforderungen wie im Büro umgesetzt werden. Aktives Sitzen ist ein Schlüssel für gesünderes Sitzen am Schreibtisch. Hierzu zeigen myoelektrische Messungen die Vorteile der Muskelaktivität beim Sitzen, wie dies mit einer Doktorarbeit belegt wurde.

„Die interdisziplinäre Zusammenarbeit ist ein großer Vorteil der OTH-Regensburg.“ So Prof Hans Peter Rabl, Fahrzeugentwicklung, Fakultät Maschinenbau der OTH. „Neben den klassischen Entwicklungen im Fahrzeugbereich, arbeiten wir an Innovationen am Sitz. Ein Beispiel ist die Sitzschale für den student racer, einen Formel Wagen, der für Wettrennen im studentischen Bereich genutzt wird. Diese Erfahrungen sind Grundlage für individuelle Sitzausarbeitungen, die künftig in Serienfahrzeugen verwendet werden können.

Ein Highlight des Sitzsymposiums war der Festvortrag der Rallye-Legende Walter Röhrl, der in atemberaubenden Videos seine Fahrkünste vorgestellt hat und eindrucksvoll von seinen Rallye-erlebnissen berichtet hat. Die Sitzausstattung hat für ihn besondere Bedeutung, weil er für seine Fahrkünste „einen Sitz wie eine zweite Haut braucht.“ Seine Erfolge hat er mit maßgeschneiderten Individualsitzen errungen. Dazu Prof. Grifka:

„Dies ist ein Vorbild für die künftige Ausstattung. Mit modernen Techniken der Herstellung kann dies für einen großen Kreis von Fahrzeugbesitzern umgesetzt werden.“

Auch Bürgermeisterin Dr. Astrid Freudenstein war zum Symposium „Gesundes Sitzen“ gekommen und betonte in diesem Zusammenhang die große Innovationskraft der OTH Regensburg, die in enger Zusammenarbeit mit Mittelstand und Industrie anwendungsbezogene Forschung macht und Entwicklung vorantreibt, um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.

 

H.C. Wagner

 

Ein Einblick ins Symposium:

Mehr zum Thema „Gesundes Sitzen“ können Sie in einer Podcastfolge mit Prof. Grifka erfahren:

Weitere Infos zum Experten Prof. Joachim Grifka finden Sie auf seiner Website.

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