Fr., 26.06.2020 , 10:28 Uhr

Regensburg: Spezialisten replantieren Finger eines Dreijährigen nach Rasenmäher-Unfall

Chirurgen der Plastischen, Hand- und Wiederherstellungschirurgie (PHW) des Universitätsklinikums Regensburg (UKR) konnten die abgetrennten Finger eines Dreijährigen in einer mehrstündigen Operation replantieren. Der Junge hatte sich die Finger am Rasenmäher abgetrennt.

Der Großvater zieht mit dem Rasenmäher Bahn um Bahn im Garten, und Enkel Vinzenz (Name geändert) schaut ihm fasziniert zu. Das Surren und Brummen des Motors begeistert den Dreijährigen. Als der Opa den Rasenmäher kurz ausmacht, um das abgeschnittene Gras aus dem Fangbehälter zu leeren, passiert es. Vinzenz spielt an den Hebeln, die die Schnitthöhe des Mähers verändern, klemmt sich Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand ein und trennt sich diese mit den scharfen Kanten des Hebels ab. Der Mittelfinger fehlt beinahe komplett, und der Zeigefinger ist unterhalb des mittleren Fingergelenkes abgetrennt. Der Schock bei Mutter und Großvater ist groß, dennoch reagieren beide richtig, sammeln die abgetrennten Glieder ein, kühlen diese und machen sich auf den Weg ins UKR. Dort wird der Junge von PD Dr. Sebastian Geis umfassend untersucht und sofort operiert. „In diesem Fall war allerhöchste Eile geboten, um die Finger des Kindes zu retten“, erklärt der Oberarzt und stellvertretende Leiter der Abteilung für Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie des UKR. „Die Schwere der Verletzung und die Tatsache, dass sich Vinzenz noch im Wachstum befindet, machten den Eingriff speziell.“ Gefäße, Sehnen und Nerven sind noch in der Entwicklungsphase. Die Heilungschancen nach dieser Verletzung stehen für Vinzenz indes gut.

„Unsere Abteilung ist auf komplexe Verletzungen an den Händen spezialisiert und dafür auch bestens ausgerüstet“, kommentiert Professor Dr. Dr. Lukas Prantl den Eingriff. „Wir können unseren Patienten nach schweren Weichteil- und Knochenverletzungen eine umfassende medizinisch-chirurgische Versorgung anbieten und damit viele Verletzungen so beheben, dass die Patienten später oft nur mit geringen oder gar keinen Einschränkungen leben müssen“, so der Leiter der Abteilung für Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie des UKR.


Die Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie ist erneut durch die europäische Kommission zum Handtrauma-und Replantationszentrum erfolgreich rezertifiziert worden und das erste zugelassene Handzentrum in ganz Bayern nach dem Schwerstverletzungsartenverfahren der Berufsgenossenschaften. „Eine 24-Stunden-Notfallversorgung mit hoch qualifizierten Hand- und Plastischen Chirurgen ermöglicht eine hohe Versorgungsqualität weit über die Grenzen Ostbayerns hinaus“, ergänzt Prof. Prantl.



Höchste Präzision bei der Replantation gefragt

Wie bei fast allen medizinischen Notfällen spielte auch bei Vinzenz der Faktor Zeit eine entscheidende Rolle. „Hätte seine Mutter nicht so hervorragend reagiert, hätten wir Vinzenz‘ Finger vermutlich nicht retten können. Diese schnelle Reaktion hat die Heilungschancen deutlich erhöht“, sagt Prof. Prantl. Neben dem zeitlichen Faktor und der medizinischen Expertise der behandelnden Ärzte, kam dem Dreijährigen auch die Ausstattung der Abteilung für Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie zugute. Denn der Eingriff hätte nicht an jedem beliebigen Klinikum gemacht werden können. Die Fäden zum Verbinden der Gefäße sind dünner als ein Haar, und auch die dafür benötigten Nadeln sind mit dem bloßen Auge kaum auszumachen. Operiert wird daher mit einem speziellen Mikroskop, das es den Ärzten erlaubt, selbst dünnste Äderchen und Gefäße mit höchster Präzision zu verbinden. „Wir konnten die beiden Finger mit feinen Drähten wieder an der Hand festmachen, so dass Vinzenz bereits nach sechs Wochen beginnen kann, seine Finger zu bewegen. Wenn alles planmäßig verläuft, kann Vinzenz auch bald wieder durch den Garten toben und Fußball spielen.“

Der Dreijährige selbst hat indes keinerlei Berührungsängste mit seiner Verletzung. Selbst beim Verbandswechsel oder beim Handbad schaut er ganz genau hin und begutachtet die Nähte.

Pressemitteilung Uniklinikum Regensburg

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