Fr., 16.06.2023 , 14:16 Uhr

Durchsuchung im Intimbereich

Regensburg/Karlsruhe: Nach illegaler Leibesvisitation - Entschädigung für Gefangenen

Ein Strafgefangener hat nach einer rechtswidrigen körperlichen Durchsuchung, bei der er sich in einem bayerischen Gefängnis komplett ausziehen musste, vor dem Bundesverfassungsgericht erfolgreich für finanzielle Entschädigung gekämpft.

Die 1. Kammer des Zweiten Senats in Karlsruhe befand nach Angaben vom Freitag, dass Durchsuchungen mitsamt Entkleidung ein schwerwiegender Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht seien.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sei in derartigen Fällen in der Regel eine Entschädigung in Geld zu gewähren. Das Landgericht Regensburg muss in dem Fall noch einmal neu entscheiden.

Bedienstete der Justizvollzugsanstalt hatten den Mann nach einem Familienbesuch im März 2019 auch im Intimbereich durchsucht. Mit einer Beschwerde dagegen hatte er weder am Landgericht Regensburg noch am Bayerischen Obersten Landesgericht Erfolg. Das Bundesverfassungsgericht wiederum entschied in einem ersten Beschluss 2020, dass der Beschwerdeführer in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt worden sei.

Daraufhin stellte das Landgericht zwar fest, dass die Durchsuchung des Häftlings rechtswidrig gewesen sei, aber eine darauf folgende Forderung nach einer Entschädigung in Höhe von 500 Euro wies es ab.

Die Karlsruher Kammer rügt in dem aktuellen Beschluss vom 19. Mai, dass das Landgericht die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte außer Acht gelassen habe. Die Fachgerichte hätten die Aufgabe, «der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte durch eine konventionsfreundliche Auslegung des nationalen Rechts auf eine Weise Rechnung zu tragen, die Konventionsverletzungen und entsprechende Entschädigungsansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland vermeidet». (Az. 2 BvR 78/22)

 

dpa

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