Di., 16.07.2024 , 11:30 Uhr

"Leben lieben"

Regensburg: 50 Jahre Katholische Schwangerschaftsberatung

Seit 50 Jahren gibt es in Regensburg die Katholische Schwangerschaftsberatung der Caritas. Das wurde groß gefeiert mit einem Familienfest im Beratungszentrum und einem Pontifikalamt im Dom.

„Als Christinnen und Christen sind wir Lobbyisten des Lebens.“­ – Mit diesem Kernsatz unterstrich Diözesanbischof Dr. Rudolf Voderholzer in seiner Predigt beim Pontifikalamt zum 50-jährigen Jubiläum der Katholischen Schwangerschaftsberatung unter dem Dach der Caritas die Bedeutung dieses Dienstes.

Gegründet im Jahr 1974 wurden zwischenzeitlich 91.540 hilfesuchende Frauen unterstützt. An finanziellen Hilfen konnten 22.564.738 Euro vermittelt werden.

Die Caritas bietet an zwölf Beratungsstellen in der Diözese niederschwelligen Zugang für ratsuchende Frauen und Familien.

„Ich rufe es Ihnen heute zu als Ausdruck meiner Dankbarkeit und Wertschätzung: Wo die Liebe und die Güte wohnt, da wohnt Gott“, schloss der Bischof seine Predigt.

Gefeiert wurde nicht nur im Dom St. Peter. Am Freitag hatte das von Gabriele Dotzer geleitete Referat zu einem großen Familienfest ins Caritas Beratungszentrum St. Gabriel eingeladen.

 

Breites Beratungs- und Unterstützungsangebot

Bei der Schwangerschaftsberatung gehe es, so Bischof Rudolf im Gottesdienst, nicht nur um die Beratung in den neun Monaten der Schwangerschaft, sondern auch um Begleitung und Hilfestellung in vielen Lebensfragen bis zum dritten Lebensjahr des Kindes. Und das – wenn möglich – unter Einbeziehung des familiären Umfeldes, vor allem auch der Väter, die nicht aus der Verantwortung entlassen werden dürften.

„Kinder und Erziehung sind eine Herausforderung“, formulierte eine der Beraterinnen in den Fürbitten und zitierte ein afrikanisches Sprichwort: „Um ein Kind aufzuziehen braucht es ein ganzes Dorf.“

Die Beratungs- und Unterstützungsangebote der Beratungsstellen sind sehr breit gefächert, um hier so individuell und nachhaltig wie möglich Hilfe leisten zu können.

 

„Es ist ein großes Jubiläum, ein stolzes Jubiläum“ 

Caritasdirektor Michael Weißmann hatte bereits am Freitag die Honoratioren, Mitarbeitenden, Nachbarn und Gäste bei einem großen Familienfest anlässlich des Jubiläums im Beratungszentrum St. Gabriel begrüßen können. Weißmann:

„Seit 50 Jahren sind wir in der Diözese an der Seite von Frauen, auch wenn eine Schwangerschaft ungeplant und ungewollt ist.“

Bürgermeisterin Dr. Astrid Freudenstein bedankte sich für diesen Dienst im Namen der Stadt Regensburg.

„Eine Schwangerschaft sorgt für viele Gefühle“, sagte Landrätin Tanja Schweiger. Deshalb sei sie froh, dass es hier ein so großes Angebot und „einen Blumenstrauß an Unterstützung“ gebe. Gefeiert wurde unter dem Jahres-Jubläumsmotto „Leben lieben“ von 14 bis 20 Uhr bei bester Essens-, Kuchen- und Getränkeversorgung.

Musikalisch sorgten Katja Wigger am „Weißen Piano“ und Singer-Songwriter Michael Lex für mannigfaltige Unterhaltung. Das Team der benachbarten Caritas Fachakademie für Sozialpädagogik lud die Kinder ein zum Schminken, Basteln und zu verschiedenen Spielen. Kleiner Höhepunkt war der Auftritt der Clowns ohne Grenzen mit ihrem mitreißenden Theater aus dem Reisekoffer.

 

Der rote Faden – Einsatz für Frauen in Not

Gemeinsam mit Bischof Rudolf zelebrierten das  Pontifikalamt im Dom neben dem Caritasvorsitzenden Michael Dreßel auch Generalvikar Monsignore Dr. Roland Batz, der frühere Generalvikar Dr. Wilhelm Gegenfurtner, Domkapitular Johann Ammer, der frühere Landes-Caritasdirektor Bernhard Piendl und Diözesan-Caritasdirektor Diakon Michael Weißmann.

Musikalisch wurde die liturgische Feier vom Domspatzen-Chor umrahmt, geleitet von Max Rädlinger und begleitet von Prof. Franz Josef Stoiber an der Orgel. Bei der anschließenden weltlichen Feier dankte Weißmann der Leiterin der Caritas Schwangerschaftsberatung, Gabriele Dotzer, mit sehr persönlichen Worten.

„Die Schwangerschaftsberatung im Bistum Regensburg trägt deine Handschrift. Der rote Faden Deines Berufslebens ist Dein überragender Einsatz für Frauen in Not.“

 

Hintergrundinfo und Entwicklung

Die Regensburger Beratungsstelle öffnete am 1. Oktober 1974 – und war die einzige in der Oberpfalz sowie bayernweit die erste der Caritas. Von Anfang an bildeten neben der Konfliktberatung auch die Allgemeine Schwangerschaftsberatung vor der Geburt und die Beratung und Begleitung nach der Geburt bis zum dritten Lebensjahr des Kindes die Grundpfeiler.

Alles begann mit einer politischen Entscheidung in Bonn. Der Bundestag verkündete am 21. Juni 1974 eine Reform des Paragrafen 218 im Strafgesetzbuch: Schwangerschaftsabbrüche sollten in den ersten zwölf Wochen straflos sein. Diese sogenannte „Fristenregelung“ kam so nie, das Bundesverfassungsgericht kippte sie 1975. Die nie wirksam gewordene Reform des  Paragrafen 218 markiert aber den Start der Beratungsangebote für Schwangere. Mit dem bundesweiten Modellprogramm „Beratungsstellen im Rahmen ergänzender Maßnahmen zur Reform des §218 StGB“ öffnete die Regensburger Beratungsstelle der Caritas als eine von wenigen bundesweit.

Das Beratungsangebot wurde in den Folgejahren diözesanweit ausgebaut – mit Standorten in Weiden, Deggendorf, Straubing, Landshut und zuletzt Schwandorf. Mit sechs weiteren Außensprechtagen in Cham, Kelheim, Amberg, Tirschenreuth, Dingolfing und Plattling existierte bald in der gesamten Region ein wohnortnahes Angebot für Frauen, Männer und junge Familien.

Indes wurde es um den Paragrafen 218 nie ruhig. Mit der Wiedervereinigung entflammte die Diskussion um den „Abtreibungsparagrafen“ erneut. In den ostdeutschen Ländern galt die Fristenregelung. Ein gemeinsames Recht trat im Jahr 1995 in Kraft und gilt bis heute: die Beratungsregelung. Frauen, die in den ersten zwölf Wochen die Schwangerschaft abbrechen wollen, müssen davor verpflichtend zu einer anerkannten Beratungsstelle gehen. Diese Beratung müssen sie sich schriftlich bestätigen lassen.

Nach einem Beschluss des Papstes werden seit dem 1. Januar 2001 in den katholischen Schwangerschaftsberatungsstellen keine Beratungsnachweise nach Paragraf sieben des Schwangerschaftskonfliktgesetzes (SchKG) mehr ausgestellt. Der damit einhergehende Verlust der staatlichen Anerkennung als Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle hatte zur Konsequenz, dass in zahlreichen Bundesländern erst einmal öffentliche Fördermittel erheblich reduziert oder vollständig gestrichen wurden. In vielen Diözesen, so auch in der Diözese Regensburg, wurde der Wegfall der staatlichen Förderung durch kirchliche Mittel kompensiert. Die deutschen Bischöfe hatten sich in Übereinstimmung mit dem Papst dafür entschieden, dass die Beratungsarbeit nicht nur fortzuführen sei, sondern sogar verstärkt werden solle.

Die Nachfrage ist seither ungebrochen hoch. Spezifisch für das Konzept der katholischen Schwangerschaftsberatung ist die enge Verknüpfung von psychosozialer Beratung und der Vermittlung konkreter Hilfen, um den Ratsuchenden individuelle Unterstützung in der Schwangerschaft und über die Geburt hinaus anzubieten und so die Rahmenbedingungen für Familien zu verbessern. Damit der Start ins Leben gelingt.

 

 

Hans-Christian Wagner

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