Der Prozess in Regensburg

Der suspendierte Oberbürgermeister von Regensburg, Joachim Wolbergs, muss sich erneut vor Gericht verantworten. Nachdem der Kommunalpolitiker in einem ersten Prozess wegen zwei Fällen von Vorteilsnahme verurteilt und in sämtlichen weiteren Anklagepunkten freigesprochen worden ist, geht es nun erneut um Anklagen im Zusammenhang mit Parteispenden.

 

17.6. Das Urteil

Das Urteil ist gefallen: Joachim Wolbergs ist in einem Fall der Bestechlichkeit schuldig. Er ist zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt worden. Die Schuldsprüche betreffen den Komplex "auf der Platte". 

Der mitangeklagte Bauunternehmer Schmack wurde wegen Bestechung zu einer Geldstrafe verurteilt. Hier betrifft es den "nördlichen Rübenhof". 

Beide sind in den übrigen Punkten freigesprochen worden. 

Wolbergs Verteidiger Peter Witting hat angekündigt, in Revision gehen zu wollen. "Ich kann das Urteil so nicht akzeptieren", sagte Witting in einer kurzen Pause und bezeichnete Urteil und Urteilsbegründung als "niederschmetternd". Wolbergs verließ den Saal wortlos.

 

Urteil: Bewährungsstrafe für Joachim Wolbergs

 

Urteilsbegründung:

 
Richter Georg Kimmerl erläutert, dass die Kammer die Vorgänge vor der sechsten Strafkammer betrachtet habe. Hier wurden gleiche beziehungsweise ähnliche Tatvorgänge verhandelt, wie das schon in der 6. Strafkammer der Fall war. 
Zu den anderen Vorwürfen, die bereits im ersten Verfahren Thema waren, kann die 5. Strafkammer nichts sagen. Das betreffe auch die Inhaftierung und die Mitschrift der Telefonüberwachung. Das sei alles schon vor der 6. Strafkammer abgehandelt worden. Deshalb äußere sich die Kammer dazu nicht.
 
Eine Einstellung des Verfahrens wegen "Fair Trial" sei laut Richter Kimmerl nicht Betracht gezogen worden, da eine Verletzung dieses Rechts erst dann vorliegt, wenn z.B. "rechtsstaatlich Unverzichtbares" preisgegeben wurde. So ein Verstoß würde nur in ganz wenigen Fällen zu einer Verfahrenseinstellung führen. Das komme aus Sicht der Kammer für das vorliegende Verfahren nicht in Betracht.

 

Den Vorwurf des Angeklagten und der Verteidigung, die Staatsanwaltschaft habe einseitig in Richtung Schuld ermittelt, ließ der Vorsitzende Richter Georg Kimmerl nicht gelten. Es hätten eine Vielzahl von Staatsanwälten mitgewirkt - es sei nicht nur zu Lasten des Angeklagten ermittelt worden. Dass Wolbergs allerdings einer besonderen Belastung (durch die zwei Verfahren) ausgesetzt war, das treffe zu. Die Trennung der beiden Verfahren sei nicht willkürlich geschehen, sondern sei durch die Inhaftierung zunächst nachvollziehbar gewesen. Insgesamt sagt Richter Kimmerl aber, dass eine spätere Verbindung der Verfahren für den Angeklagten „schonender“ gewesen wäre. Dieser Umstand sei bei der Strafzumessung berücksichtigt worden.

 

 

Die Kammer könne nicht im Einzelnen bewerten, dass sich auch andere Politiker so verhalten haben - es gebe durchaus Anhaltspunkte dafür, dass auch bei anderen Parteien fragwürdige Methoden bei der Wahlkampffinanzierung möglich seien. Das könne die Kammer aber nicht beurteilen. Wenn jemand eine Straftat begehe, könne er sich nicht damit rechtfertigen, dass andere diese Straftat in zumindest ähnlicher Weise begangen hätten.

 

Grundsätzlich unterscheidet die Kammer den Zeitraum als Wolbergs 3. Bürgermeister war und den Zeitraum als er Oberbürgermeister war. Das sei ein Unterschied im Hinblick auf die Spendenannahmen. Die Kammer habe das „außergewöhnliche Spendenvolumen“ zur Kenntnis genommen - aber auch, dass andere Mitbewerber entsprechende Spenden erhalten hätten.
Nach Übernahme des OB-Amts habe sich die Lage grundsätzlich geändert. Der Wahlkampf könne die hohen Spenden hier nicht mehr rechtfertigen. Das „Dauerwahlkampf“ Argument sei laut Gericht nicht stichhaltig. Es gebe Indizien dafür, dass diese hohen Spenden (nach der Wahl) mit Blick auf die Dienstausübung erfolgt seien.

 

 

 


 

Zweiter Korruptionsprozess gegen Wolbergs vor dem Abschluss

Der zweite Korruptionsprozess gegen den früheren Regensburger Oberbürgermeister Joachim Wolbergs steht vor dem Ende. Im Landgericht der oberpfälzischen Stadt wird um 09.30 Uhr der Urteilsspruch erwartet. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 49-jährigen Politiker vor, sich im Kommunalwahlkampf 2014 von Bauunternehmern bestechen lassen zu haben, und fordert eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten. Wolbergs weist die Anschuldigungen zurück, sein Verteidiger plädierte auf Freispruch beziehungsweise Verfahrenseinstellung.

In dem Prozess geht es um drei Bauprojekte, bei denen Bauunternehmer den Kandidaten Wolbergs im Wahlkampf - und teilweise auch danach - mit Parteispenden an dessen damaligen SPD-Ortsverein unterstützten, um sich dessen Wohlwollen bei der Auftragsvergabe zu sichern - so sehen es zumindest die Ankläger.

Mit Wolbergs saßen zunächst drei Unternehmer auf der Anklagebank. Einer ist gegen Zahlung einer Geldauflage aus dem Verfahren entlassen worden, ein zweiter wurde zwischenzeitlich wegen Bestechung zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Kammer ging davon aus, dass es für den Tatbestand der Bestechung genügt, dass die Beeinflussung angestrebt wird, sei es auch erfolglos.

Nun ist noch ein dritter Bauträger im Verfahren, für den die Staatsanwaltschaft eine Bewährungsstrafe wegen Bestechung und Vorteilsgewährung forderte. Der Mann weist die Vorwürfe zurück. Sein Verteidiger plädierte auf Freispruch.

Auch der zweite Prozess war begleitet von teils hochemotionalen Auseinandersetzungen zwischen Angeklagten und Verteidigern einerseits und der Staatsanwaltschaft andererseits. Dabei ging es unter anderem um zahlreiche Ermittlungspannen sowie um die Frage, ob der zweite Prozess überhaupt stattfinden durfte oder sich nicht inhaltlich mit dem ersten Verfahren überschnitt - was nach Ansicht der Verteidigung ein Verfahrenshindernis und Befassungsverbot bedeutet hätte.

Wolbergs' Verteidiger Peter Witting plädierte deswegen auch auf eine Einstellung des Verfahrens wegen eines Verfahrenshindernisses und, für den Fall, dass das Gericht dem nicht folgt, auf Freispruch. Sollte auch diesem Antrag nicht entsprochen werden, plädierte er auf eine Einstellung des Verfahrens wegen Verstoßes gegen eine faire Verfahrensführung.

Im ersten Korruptionsprozess hatte die Kammer - in anderer personeller Besetzung - Wolbergs in zwei Fällen der Vorteilsnahme verurteilt und von sämtlichen weiteren Anklagepunkten freigesprochen. Bei der Vorteilsnahme legte das Gericht einen Verbotsirrtum zugrunde, was bedeutet, dass Wolbergs nach Ansicht des Gerichts unwissentlich fehlerhaft gehandelt habe. Auf eine Strafe verzichtete das Gericht.

In ihrer Urteilsbegründung erhob die Vorsitzende Richterin Vorwürfe gegen die Staatsanwaltschaft, die die entlastenden Faktoren in der Beweisführung nicht ausreichend gewürdigt habe. Zudem seien bei den Ermittlungen schwere Fehler begangen worden. Das von den Anklägern unterstellte «korruptive System» habe es nicht gegeben, bilanzierte die Richterin.

Nach dem neunmonatigen zweiten Verfahren will nun Vorsitzender Richter Georg Kimmerl sein Urteil verkünden. Wolbergs steht unterdessen vor einem politischen Neuanfang. Aus der SPD - für die er 2014 mit mehr als 70 Prozent der Stimmen zum Oberbürgermeister gewählt worden war - trat er nach dem ersten Prozess aus. Nun sitzt er für den von ihm mitbegründeten Wahlverein «Brücke» im Stadtrat.

dpa

Unsere Berichterstattung zum zweiten Prozess:

Der erste Prozess

Joachim Wolbergs ist im ersten Prozess in Teilen freigesprochen worden. Er habe sich trotzdem wegen zwei Fällen der Vorteilsannahme schuldig gemacht, bleibe aber straffrei, hat Richterin Escher am Mittwoch (3.7) erklärt.

Eine Zusammenfassung der Erklärung zum Urteil finden Sie auch hier:

https://www.tvaktuell.com/wolbergs-prozess-urteil-am-landgericht-regensburg-gefallen-309896/

 

Wolbergs bleibt zunächst suspendiert

Die Landesanwaltschaft hat sich heute in einer Pressemitteilung zur Suspendierung des Regensburger Oberbürgermeisters geäußert:

https://www.tvaktuell.com/urteil-joachim-wolbergs-bleibt-weiterhin-suspendiert-309968/

 

Staatsanwaltschaft will in Revision gehen

Die Regensburger Staatsanwaltschaft hat noch am ersten Tag der Urteilsverkündung angekündigt, in Revision zu gehen.

Die Staatsanwaltschaft fühlt sich durch das Urteil offenbar teilweise in ihrer Argumentation bestätigt- außerdem möchte man die erhobenen Vorwürfe zurückweisen:

https://www.tvaktuell.com/urteil-staatsanwaltschaft-wird-in-revision-gehen-309994/

dpa/MF/LH