Der Politische Frühschoppen auf dem Abensberger Gillamoos hat auch heute wieder zahlreiche Besucher in die Festzelte und an die anderen Veranstaltungsorte gelockt. Unter anderem haben Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, der Juso-Chef Kevin Kühnert, die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze und FW-Chef Hubert Aiwanger gesprochen.
Bei der Reform des umstrittenen bayerischen Polizeiaufgabengesetzes (PAG) sollen laut Ministerpräsident Markus Söder keine Forderungen der Expertenkommission ignorierte werden. «Wir setzen alle Empfehlungen zur Reform für das PAG 1:1 um», sagte der CSU-Chef am Montag in seiner Rede auf dem Gillamoos-Volksfest im niederbayerischen Abensberg.
Ende vergangener Woche hatte eine Expertenkommission der Staatsregierung viele Vorschläge für eine Korrektur des umstrittenen Polizeiaufgabengesetzes vorgelegt. Im Detail empfahl die Kommission etwa eine klare Einschränkung des umstrittenen Begriffs der «drohenden Gefahr» auf den Schutz von überragend wichtigen Rechtsgütern wie dem Schutz von Leib und Leben.
Kritisch sahen die Experten auch die Nutzung von Gentests bei erkennungsdienstlichen Maßnahmen und die fehlende Begrenzung des sogenannten Präventivgewahrsams - also Inhaftierungen zur Verhinderung von möglicherweise drohenden Straftaten.
Während seiner Rede hat Markus Söder erneut eine CO2-Steuer ausgeschlossen: «Solange es noch keine U-Bahnen und S-Bahnen bis in die kleinsten Dörfer gibt und Flugtaxis, solange wir das Automobil brauchen, so lange kann es nicht sein, dass der Klimaschutz auf dem Rücken derer ausgetragen wird, die das Auto brauchen um ihre Familien zu ernähren» betonte Söder und erntete dafür viel Applaus. Die CSU setze sich auch für die Menschen im ländlichen Raum ein, der Klimaschutz dürfe kein Projekt städtischer Eliten werden. «Der ländliche Raum hat Zukunft, aber dafür braucht es auch eine Erhöhung der Pendlerpauschale.»
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze hält den Klimakurs von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nicht für glaubwürdig. «Markus Söder ergrünt ohne rot zu werden», sagte sie am Montag beim Gillamoos in Abensberg (Kreis Kelheim). Er gebe neuerdings gerne den Öko. Aber: «Wer nimmt ihm ernsthaft die Fotos "Söder neben einem Baum" ab?»
Der Ministerpräsident komme einem vor wie ein Heiratsschwindler, spottete Schulze. «Man kann sich nicht vorstellen, dass er wirklich die Liebe zur Umwelt entdeckt hat.» Vielmehr nutze Söder seine «grüne Tarnung, um das Überleben der eigenen Art, der CSU, zu sichern». Aber die Lage sei zu ernst: Das Klima könne nicht warten, bis der Ministerpräsident «Umweltschutz aus Überzeugung tut».
Die Grünen befinden sich in Bayern seit der Landtagswahl im vergangenen Jahr auf der Erfolgswelle. Am Sonntag holte die Öko-Partei auch in Brandenburg und Sachsen auf. In den fünf ostdeutschen Ländern hatte sie bislang einen schweren Stand. In Brandenburg holten die Grünen nun ihren neuen Spitzenwert im Osten und wurden mit 10,8 Prozent erstmals zweistellig. In Sachsen kamen sie auf 8,6 Prozent.
Der Chef der Freien Wähler in Bayern, Hubert Aiwanger, hat die Grünen beim Gillamoos-Volksfest im niederbayerischen Abensberg als «Kifferpartei» bezeichnet. «Wir müssen die grüne Ideologie stoppen, bevor die noch mehr Unheil anrichten», sagte der bayerische Wirtschaftsminister am Montag. Politiker der Partei bezeichnete Aiwanger außerdem als «Großstadt-Ökologen»: «Die haben häufig noch nie eine echte Sau gesehen, höchstens ein Marzipanschweinchen.»
In den Bundesländern, in denen die Grünen mitregieren, sei die Partei eine Enttäuschung und setze ihre eigenen Forderungen nicht um. Der SPD rund um Juso-Chef Kevin Kühnert warf Aiwanger vor, «Enteignungen von Firmen» zu fordern. In seiner Rede vor Anhängern lobte Aiwanger die Zusammenarbeit mit den Christsozialen als Regierungspartner in Bayern: «Vielleicht schaffen wir es aber künftig irgendwann ohne Koalitionspartner. Aber jetzt, in der Übergangszeit, brauchen wir halt die CSU.»
Die haben häufig noch nie eine echte Sau gesehen, höchstens ein Marzipanschweinchen.
Hubert Aiwanger, Chef der Freien Wähler und bayerischer Wirtschaftsminister, am Montag auf dem politischen Gillamoos in Abensberg über die Landwirtschaftspolitik und Forderungen der Grünen
Bahnhöfe werden zu Angstzonen. Mancherorts ziehen Deutsche sogar weg, weil sie Angst haben.
Dr. Gottfried Curio, AfD
Juso-Chef Kevin Kühnert hält den ehemaligen Chef des Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, für einen guten AfD-Wahlkämpfer. «Er kann vor noch so vielen CDU-Wahlplakaten stehen, er wird als AfD-Wahlkämpfer wahrgenommen», sagte Kühnert am Montag bei seinem Auftritt auf dem Gillamoos-Volksfest im niederbayerischen Abensberg.
Maaßen selbst sieht dagegen in dem Abschneiden der CDU bei den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen auch einen persönlichen Erfolg, wie er im Telefon-Interview mit «Steingarts Morning Briefing» sagte. Maaßen hatte in Sachsen wochenlang Schlagzeilen gemacht - bis er ankündigte, sein Engagement dort einzustellen, nachdem Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) ihn kritisiert hatte.
Kühnert betonte in Abendsberg, es sei das Verdienst der SPD, «dass dieser Gefährder unserer Verfassung nicht mehr über selbige wachen kann». Im September 2018 war Maaßen als damaliger Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) in die Kritik geraten. Er hatte bezweifelt, dass es nach der Tötung eines Mannes am Rande eines Stadtfestes in Chemnitz zu «Hetzjagden» auf Ausländer gekommen sei. Die Äußerung löste eine Koalitionskrise aus, bevor Maaßen in den einstweiligen Ruhestand versetzt wurde.
Auschwitz ist nicht aus dem Nichts gekommen.
Bodo Ramelow, linker Ministerpräsident von Thüringen, am Montag beim Volksfest Gillamoos im niederbayerischen Abensberg zum Erstarken der Partei AfD
Der Gillamoos ist einer ältesten Jahrmärkte in Niederbayern, immer rund um das erste Septemberwochenende. Am letzten Tag des fünftägigen Festes treten traditionell Spitzenpolitiker parallel in Bierzelten auf, die nur einen Steinwurf voneinander entfernt sind. Nach dem politischen Aschermittwoch ist dies das größte Politikspektakel in Niederbayern. Erstmals urkundlich erwähnt wurde der Gillamoos 1313. Mehr als 250 000 Besucher strömen jedes Jahr auf das Volksfest.
dpa/MF