Sie sollte Babys ins Leben helfen – versuchte sie stattdessen, deren Müttern das Leben zu nehmen? Beim Münchner Schwurgericht geht an diesem Freitag ein Aufsehen erregender Prozess gegen eine Hebamme zu Ende. Die heute 35-Jährige steht seit Januar vor Gericht, weil sie laut Anklage versucht hat, sieben Patientinnen bei Kaiserschnittgeburten umzubringen.
Die gebürtige Gießenerin, die ihre Ausbildung an der Hebammen-Schule in Kiel als eine der Klassenbesten abschnitt, soll Frauen im hessischen Bad Soden und im Münchner Klinikum Großhadern vor Kaiserschnitt-Geburten heimlich Heparin verabreicht haben – ein Mittel, das die Blutgerinnung hemmt und im Volksmund Blutverdünner genannt wird. Die Patientinnen wären ohne Not-Operationen verblutet. Eine der Frauen brauchte 44 Bluttransfusionen. Seither kann sie keine Kinder mehr bekommen.
Ebenfalls grausig ist ein weiterer Vorwurf: Die Hebamme soll laut Anklage bei einer Geburt den Wirkstoff Misoprostol verabreicht haben – ein Mittel, das bei Abtreibungen eingesetzt wird und heftige Kontraktionen der Gebärmutter auslöst. Mutter und Kind waren laut Anklage in Lebensgefahr, ein Kaiserschnitt musste eingeleitet werden.
Die Anklagebehörde hatte am Montag die Verurteilung der Frau wegen versuchten Mordes in sieben Fällen sowie gefährlicher und schwerer Körperverletzung gefordert, wie das Gericht nach den nicht-öffentlichen Plädoyers mitteilte. Die Angeklagte habe «heimtückisch und aus niederen Beweggründen» gehandelt, sagte demnach Staatsanwalt Laurent Lafleur. Er beantragte, die besondere Schwere der Schuld festzustellen und ein lebenslanges Berufsverbot zu verhängen.
Die Vertreter der betroffenen Frauen schlossen sich den Forderungen der Staatsanwaltschaft an. Das Motiv der Frau soll laut Anklage die «Aufwertung ihres Selbstwertgefühls» und «insgeheime Demonstration einer Überlegenheit» gewesen sein.
Ihre Verteidiger sahen keine Beweise für die Vorwürfe und forderten den Freispruch ihrer Mandantin sowie eine Entschädigung für die Untersuchungshaft. Die Angeklagte sei für die Taten nicht verantwortlich. Im Prozess habe sich auch kein Motiv ergeben.
Die Plädoyers in dem Verfahren waren nicht-öffentlich, weil auch Teile der Hauptverhandlung nicht für die Öffentlichkeit zugänglich waren: Bei den Aussagen der betroffenen Frauen war die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Das Urteil, das für diesen Freitag erwartet wird, wird allerdings öffentlich verlesen.
dpa/MF