Nach Ärzte ohne Grenzen will auch die Regensburger Organisation Sea Eye vorerst keine Einsätze zur Rettung von in Seenot geratenen Flüchtlingen im westlichen Mittelmeer mehr fahren. Grund dafür sei eine veränderte Sicherheitslage, nachdem die libysche Regierung eine unbestimmte und einseitige Ausdehnung ihrer Hoheitsgewässer angekündigt hatte – verbunden mit einer expliziten Drohung an private Nichtregierungsorganisation, teilte die Gruppe aus Bayern am Sonntag mit.
«Eine Fortsetzung unserer Rettungsarbeiten ist unter diesen Umständen aktuell nicht möglich. Wir können dies auch gegenüber unseren Crews nicht mehr verantworten», sagte Sea-Eye-Gründer Michael Buschheuer.
Ärzte ohne Grenzen hatte am Samstag mitgeteilt, den Mittelmeer-Einsatz zu unterbrechen. Zur Begründung hieß es, die zentrale Seenotrettungsleitstelle in Rom (MRCC) habe die Hilfsorganisation vor Sicherheitsrisiken in Verbindung mit Drohungen der libyschen Küstenwache gewarnt, die sich gegen die Schiffe humanitärer Organisationen in internationalen Gewässern vor der Küste des Bürgerkriegslands richteten.
Aus der Sea-Eye-Pressemitteilung:
Sea-Eye-Gründer Michael Buschheuer: „Eine Fortsetzung unserer Rettungsarbeiten ist unter diesen Umständen aktuell nicht möglich. Wir können dies auch gegenüber unseren Crews nicht mehr verantworten.“
Zunächst wird Sea-Eye die veränderte Sicherheitslage vor der libyschen Küste sorgfältig analysieren und das weitere Vorgehen beraten.
In den letzten Tagen hatten auch andere Seenotrettungsorganisationen – darunter auch „Ärzte ohne Grenzen“ – ihren vorläufigen Rückzug aus dem Search-an-Rescue-Gebiet vor der libyschen Küsten verkündet. Michael Buschheuer: „Wir hinterlassen eine tödliche Lücke im Mittelmeer. Ich appelliere an die italienische Regierung und die EU-Einsatzkräfte der Mission Sophia, jetzt endlich alles zu unternehmen, um das sinnlose Sterben der Flüchtenden zu beenden.“
Mit großer Sorge beobachtet die Regensburger Hilfsorganisation die Menschenrechtslage in Libyen. Michael Buschheuer: „Hunderttausende sind auf ihrer Flucht in der Hölle von Libyen gelandet und schutzlos der Willkür von Banditen, Schleppern und regierungsnahen Milizen ausgesetzt. Ihnen wird nunmehr auch die letzte Chance genommen, dieser Zwangslage zu entkommen.“ Der Sea-Eye-Gründer hofft, dass die Ankündigung von Kanzlerin Angela Merkel, den UN-Flüchtlingsorganisationen bei der Bewältigung der humanitären Krise in Libyen zu helfen, kein leeres Versprechen bleibt.
Sea-Eye hat seit Beginn ihrer Missionen im April 2016 rund 12.000 Menschen vor dem Ertrinken gerettet. Hunderte Ehrenamtliche hatten auf den beiden Schiffen Sea-Eye und Seefuchs freiwillige und unbezahlte Einsätze geleistet.
dpa/MF