Do, 08.12.2016 , 16:12 Uhr

Kunftforum Ostdeutsche Galerie: Ausstellungsprogramm für 2017

Farbholzschnitte, „artige Kunst“, Videoskulpturen und neue Dauerausstellung: das Ausstellungsjahr 2017 im Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg wird etwas ganz besonderes.

 

   
Mit drei großen Sonderausstellungen spannt das Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg 2017 einen Bogen vom Anfang des 20. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Im Anschluss an die Retrospektive des Lovis-Corinth-Preisträgers 2016, Daniel Spoerri, die bis 26. Februar 2017 läuft, folgt die Ausstellung „Stadt, Land, Tier. Der Farbholzschnitt in Prag um 1900“ (7. April bis 18. Juni 2017). Am Beispiel der beiden Künstlerfreunde Karl Thiemann und Walther Klemm gibt sie Einblick in die Anwendung dieses damals wiederentdeckten und vor allem wegen seiner Farbenpracht beliebten Mediums. Das Projekt wurde in enger Kooperation mit der Nationalgalerie in Prag erarbeitet. Thema der folgenden Ausstellung ist einerseits die Kunst, die während des NS-Regimes als regimegetreue Propaganda entstand, anderseits diejenige, die als „entartet“ diffamiert wurde. Das Ausstellungsprojekt „artige Kunst. Kunst und Politik im Nationalsozialismus“ (14. Juli bis 29. Oktober 2017) übernimmt das KOG von der Stiftung Situation Kunst (für Max Imdahl), Kunstsammlungen der Ruhr-Universität Bochum. In den Sommermonaten ist zusätzlich im Grafiksaal die von der KünstlerGilde e.V., Mitbegründer des KOG, initiierte Ausstellung „Gegenstand : Widerstand“ zu sehen. Das Programm schließt mit Videoskulpturen des jungen tschechischen Künstlers Jakub Nepraš (24. November 2017 bis 18. Februar 2018). Die pulsierenden, plastischen Objekte sind Metaphern von Prozessen in der Funktionsweise der Welt, die eher intuitiv zu erfassen sind.

„Es freut uns, den Stiftungsauftrag des Museums sowohl mit historischen als auch mit gegenwärtigen Aspekten immer wieder neu mit Ausstellungsprojekten auffüllen zu können,“ kommentiert Dr. Agnes Tieze, Direktorin des KOG, die Ausstellungen 2017.

Den spezialisierten Fokus des Museums auf Werke von Künstlerinnen und Künstlern, die in den historisch deutschen Siedlungsgebieten in Mittel- und Südosteuropa beheimatet oder tätig waren bzw. sind oder sich diesen verpflichtet fühlen, veranschaulicht insbesondere die Dauerausstellung. Diese wird gegenwärtig unter dem Motto „Woher kommen wir, wohin gehen wir“ neu konzipiert. Kunstzentren wie Breslau, Königsberg oder Prag stehen dabei besonders im Mittelpunkt und illustrieren das bis zur Zäsur durch den Zweiten Weltkrieg dort angesiedelte kreative Schaffen. Positionen von zeitgenössischen KünstlerInnen schlagen darüber hinaus die Brücke zur heutigen Kunstszene im östlichen Europa. Die Eröffnung der neuen Präsentation ist für Oktober 2017 geplant.


 

Stadt. Land. Tier. - Der Farbholzschnitt in Prag um 1900

Laufzeit: 7. April bis 18. Juni 2017
Eröffnung: Donnerstag, 6. April, 19 Uhr
Kuratorin Regensburg: Dr. Nina Schleif, Leiterin der Grafischen Sammlung
Ausstellungskonzeption: Dr. Eva Bendová, Nationalgalerie in Prag




Dass der um 1900 in Mitteleuropa wiederbelebte Farbholzschnitt mehr konnte, als dekorative Jugendstilschleifen und endlose Variationen des Schwanenmotivs zu liefern, beweist das gemeinsame Frühwerk der beiden deutschstämmigen Prager Künstler Walther Klemm und Carl Thiemann. Zwischen 1905 und 1908 schufen sie im Medium Holzschnitt ein umfangreiches und ambitioniertes Werk, das seines Gleichen sucht und in seiner Avanciertheit erst Jahre später von den deutschen Expressionisten erreicht wurde. Mit unerhört kräftigen Koloriten und mutigen Farbkombinationen, mit ungewohnten Perspektiven und einem durchgeplanten Gesamtprogramm suchten Klemm und Thiemann sich als moderne und erfolgreiche Künstler in der Mitte Europas zu behaupten. Als Motive bevorzugten sie Stadtansichten, Landschaften und Tiere.

Bis vor Kurzem waren ihre beiden Hauptwerke, zwei Mappen, verschollen. Sie wurden kürzlich in den Beständen der Nationalgalerie Prag wiederentdeckt. Für die Ausstellung Stadt. Land. Tier kooperiert das Kunstforum Ostdeutsche Galerie, das den Nachlass von Carl Thiemann besitzt, mit der Nationalgalerie in Prag und zeigt erstmals diese unbekannten Kostbarkeiten. Mit mehr als 200 Werken aus den Beständen beider Häuser sowie einigen Leihgaben verortet die Schau dieses rasante Frühwerk in seinem kunsthistorischen Kontext. Hierzu zählen die japanischen Vorläufer ebenso wie die Arbeiten befreundeter Kollegen in Berlin und Wien.

Das Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg ist die erste Station der Ausstellung, die später in der Nationalgalerie in Prag gezeigt wird.

Gegenstand : Widerstand - Eine Ausstellung der KünsterGilde

Laufzeit: 9. Juni bis 10. September 2017
Eröffnung: Donnerstag, 8. Juni, 19 Uhr
Die Ausstellung wird von Hansjürgen Gartner, Bundesvorsitzender der KünstlerGilde e.V., kuratiert.

Eine Linie –  in die Luft gezeichnet –  bleibt unvisualisiert; sie wird erst sichtbar, wenn sie auf einen Widerstand als Projektionsfläche trifft. Besonders bildende Künstler bedürfen des Widerstandes, um Spuren hinterlassen zu können – dies als Metapher.


Die KünstlerGilde e.V. nimmt den 150sten Geburtstag der Grafikerin und Bildhauerin Käthe Kollwitz (Königsberg (Ostpreußen) 1867–  1945 Moritzburg) zum Anlass, ein Ausstellungsprojekt unter dem Motto „Gegenstand : Widerstand“ zu initiieren. In einer sich drastisch zuspitzenden weltpolitischen Situation sieht sich auch die KünstlerGilde, als ursprünglich von vertriebenen und geflüchteten Künstlern im Nachkriegsdeutschland gegründete Vereinigung, zu einer Thematisierung mit den Mitteln der Kunst, aufgerufen.  

Ziel des Projekts ist es, gesellschaftlichen Diskurs anzuregen und vielleicht sogar Utopien zu entwerfen. Neben den Künstlern der KünstlerGilde sind auch Gastkünstler aus dem In- und Ausland eingeladen. In einer Begleitveranstaltung sollen alle drei Sparten der in der KünstlerGilde vereinten Künste, die Bildende Kunst, die Literatur und die Musik – eine Besonderheit innerhalb der Künstlervereinigungen Deutschlands, ihre Positionen zum Ausdruck bringen.

Das Ausstellungsprojekt wird mit einem Katalog dokumentiert.


Artige Kunst. Kunst und Politik im Nationalsozialismus

Eröffnung: Donnerstag, 13. Juli, 19 Uhr
Kuratorin Regensburg: Dr. Agnes Tieze
Ausstellungskonzeption: Alexander und Silke von Berswordt-Wallrabe


 

Die Ausstellung setzt sich in kritisch-analytischer Weise mit der Kunstpolitik im Nationalsozialismus auseinander, die für das Selbstbild des Regimes wesentlich war. Der Titel „Artige Kunst“ versteht sich als Gegenbegriff zur diffamierenden NS-Terminologie der „entarteten Kunst“. Er soll dazu anregen, über das Verhältnis von Kunst und Politik sowie von Widerständigkeit und Gehorsam nachzudenken. Gezeigt werden exemplarische Werke der offiziell geduldeten und geförderten Kunst der NS-Zeit, wie z.B. Arno Breker, dazu in konfrontativer Gegenüberstellung Werke von verfolgten und verfemten Künstlern, wie Otto Freundlich und Karl Schmidt-Rottluff.

In thematischen Kapiteln gegliedert führt die Ausstellung vor Augen, dass dem größten Teil der hier versammelten „artigen“ Kunst ein kritisch hinterfragendes Potenzial ebenso fehlt wie ein humanistischer Anspruch. In mehr oder weniger ungeschickter Stilverspätung werden z. B. ländlich-familiäre Idyllen heraufbeschworen, Sportler bei der körperlichen Ertüchtigung gezeigt, Bauprojekte des sog. „Tausendjährigen Reichs“ illustriert oder mythologisch inspirierte Szenen ins Bild gesetzt.

Macht man sich bewusst, dass diese Werke entstanden, während ganze Bevölkerungsgruppen brutal ausgegrenzt und verfolgt wurden, während der Zweite Weltkrieg vorbereitet wurde bzw. schon ausgelöst war und während Millionen Menschen in Konzentrationslagern gefoltert und ermordet wurden, dann wird die „innere Falschheit“ dieser Kunst offensichtlich. Gerade in dieser Verlogenheit liegt eine wesentliche politische Bestimmung der „artigen“ Kunst: Indem sie weite Bereiche der gesellschaftlichen Realität ausblendete oder beschönigte, konnte sie systemstabilisierend wirken und in Zeiten von Krieg, Terror und Massenmord die erwünschte Entlastungsfunktion einnehmen.

Das Kunstforum Ostdeutsche Galerie übernimmt die von Alexander und Silke von Berswordt-Wallrabe konzipierte Ausstellung von der Stiftung Situation Kunst (für Max Imdahl), Kunstsammlungen der Ruhr-Universität Bochum, zusammen mit dem Katalog.

Jakub Nepraš

Laufzeit: 24. November 2017 bis 18. Februar 2018
Eröffnung: Donnerstag, 23. November 2017, 19 Uhr
Die Ausstellung wird vom Künstler selbst kuratiert.

Für Jakub Nepraš ist die Welt ein Super-Organismus. In seinen Videoskulpturen untersucht er das Verhältnis zwischen diesem Super-Organismus und dem Einzelnen, insbesondere Veränderungen in Gesellschaft und Technologie und die daraus folgende Entfremdung zwischen Mensch und Natur. Ausgehend von Naturgesetzen, philosophischen Überlegungen sowie der eigenen Erfahrung und Intuition sucht er Formen oder Prozesse in der Natur. Diese werden in der künstlerischen Verarbeitung zu Metaphern für Phänomene wie Erinnerung, Kommunikation, Evolution oder Adaptation. Seine Objekte – komplizierte, pulsierende, organische Gebilde – visualisieren komplexe Netze von Zusammenhängen und Querverbindungen.


 

Von den anfänglichen zweidimensionalen Videocollagen gelangte Nepraš zu plastischen, teils kinetischen Objekten aus Plexiglas und technischen Elementen; in letzter Zeit verwendet er vielfach Glas, Holz und Stein. Auch sie sind Projektionsflächen für Videocollagen, die Nepraš aus Bildausschnitten und selbstgedrehten Video-Samples zusammenstellt und mit akustischen Komponenten ergänzt.

Der Betrachter soll zum einen über seine eigene Wahrnehmung und zum anderen über den Inhalt reflektieren. Dabei kann man den Standpunkt wechseln: von der Makro-Ebene, auf der man den Super-Organismus überblickt, zur Mikroebene, auf der die persönliche Verbundenheit mit der Natur, mit einem Ort und dessen Geschichte, mit anderen Menschen im Jetzt, aber auch rückblickend über Generationen im Mittelpunkt steht.  

 

Jakub Nepraš (*1981 Prag) avancierte in den letzten zehn Jahren zu einem der international bekanntesten tschechischen Künstler. Mit 29 Jahren gestaltete er als jüngster im Team den tschechischen Pavillon bei der EXPO 2010 in Shanghai mit. Bereits vier Jahre zuvor hatte er mit seiner Videocollage „Babylon Plant“, seine Abschlussarbeit an der Prager Akademie der Bildenden Künste, die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. 2008 war Nepraš gemeinsam mit neun weiteren Nominierten des Essl Award, eines international renommierten Kunstpreises für junge Künstler, in einer Ausstellung im KOG vertreten. Die kommende Ausstellung zeichnet die neuere Entwicklung seines Schaffens nach.

 

 

Veranstaltungsprogramm und Kunstvermittlung

Die Besucherinnen und Besucher können sich auf ein abwechslungsreiches   Begleitprogramm zu den Sonderausstellungen sowie weitere Veranstaltungen freuen. Geplant sind Kooperationen mit externen Partnern. Weitergeführt wird die Führungsreihe KOG-tail, bei der die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Hauses Einblick in die Hintergründe der Museumsarbeit geben. Jeweils am zweiten Dienstag im Monat finden nach wie vor die thematischen Führungen am Nachmittag statt. An junge Eltern mit Baby richten sich spezielle Kurzführungen zu den jeweils laufenden Sonderausstellungen. Zur Kunstsprechstunde können nach Voranmeldung alle kommen, die mehr über ihre eigenen Kunstwerke erfahren möchten. Einmal im Quartal beantworten das wissenschaftliche Team und der Restaurator Fragen rund um die kunsthistorische Einordnung und die korrekte Pflege der privaten Schätze von BesucherInnen. Vier Sonntage im Jahr sind für das KunstFrühstück reserviert. Nach dem üppigen Brunch gibt es Führungen durch die aktuelle Sonderausstellung sowie Kinderprogramm.

Die REWAG-Nacht in Blau findet 2017 am Samstag, 5. August statt. Diverse Musikgruppen und Künstlerperformances sorgen für die unverwechselbare Atmosphäre des Sommerfestes. Im Kunstzelt können vor allem Kinder aber auch Erwachsene verschiedene künstlerische Techniken ausprobieren.

Mit einem eigenen Programm beteiligt sich das KOG an dem Internationalen Museumstag am Sonntag, 21. Mai, sowie an der Regensburger Museumsnacht.

Eine seiner wichtigsten Aufgaben sieht das KOG als Kunstmuseum darin, Kindern und Jugendlichen Zugang zur Kunst zu vermitteln. Bei Atelierkursen, Ferien-Workshops und Schulprogrammen lernen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch Kunstbetrachtung aber auch durch das eigene kreative Arbeiten die Kunstwerke für sich zu erschließen. Neben Angeboten zur Dauerausstellung konzipiert das museumspädagogische Team Begleitprogramme zu jeder einzelnen Sonderausstellung. Gleich zu Beginn der Laufzeit können die jungen Gäste die neue Ausstellung bei der Kindereröffnung spielerisch erkunden. Die 2016 eingeführten kostenfreien Veranstaltungen sind bereits sehr beliebt und sind auch für 2017 geplant.

Seit nun über einem Jahr läuft nun das Projekt „Kinder führen Kinder“. Gemeinsam mit einer Mitarbeiterin des Hauses bereiten die die Juniorgästeführerinnen Anna, Charlotte und Lina  interaktive Führungen, in denen sie zwei bis drei Werke vorstellen. Mit einer Kostprobe einer solchen Führung bereicherten sie auch das feierliche Programm anlässlich der 50-Jahre Feier der Stiftung im November 2016. Die drei Schülerinnen hatten im Sommer 2015 bei der Ferienaktion „mini Regensburg“, die die Stadt alle zwei Jahre veranstaltet, in der Station „mini Museum Kunstforum“ mitgemacht. Auch 2017 wird das KOG das Museum in der Modellstadt betreuen und die Kinder Aufgaben der Museumsarbeit ausprobieren lassen.

Das Projekt „Kunst(Augen)blicke. Junge inklusive Teams zeigen ihre Lieblingswerke“ geht bereits in die dritte Runde. Initiiert wurde es von KreBeKi, der Stiftung für krebskranke Kinder in Bayern, in Zusammenarbeit mit dem KOG. Die dritte Auflage Anfang 2017 wird von Aktion Mensch mit 5000 Euro unterstützt. Schülerinnen und Schüler mit und ohne Handicap und aus Flüchtlingsfamilien treffen sich fünfmal im Museums, um sich ausführlich mit ausgewählten Kunstwerken in der Ausstellung „Lovis-Corinth-Preis 2016: Daniel Spoerri. Das offene Kunstwerk“ zu beschäftigen. Die Ergebnisse ihrer Arbeit stellen sie bei einer öffentlichen Führung am 5. Februar 2017 um 14 Uhr vor.

Ein langjähriger Wunsch, ein Maskottchen  zu haben, das die museumspädagogischen Aktivitäten des Hauses repräsentieren würde, geht in Erfüllung. Bei der Aktion „Koggi gesucht“ im November 2016 haben Kinder Entwürfe gezeichnet. Einer davon wird als Vorlage für das Maskottchen dienen. Am 11. Februar 2017 wird Koggi vorgestellt.

 

 

 

 

 

 

PM/MB

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