Der Verteidiger von Joachim Wolbergs hat heute die Staatsanwaltschaft erneut scharf kritisiert. Peter Witting nannte es „skandalös“, dass er nicht über ein Vorermittlungsverfahren gegen seinen Mandanten informiert worden war. Joachim Wolbergs hatte gestern bei der Aktendurchsicht zufällig entdeckt, dass sich die Ermittlungsbehörde im Jahr 2014 an die Regierung der Oberpfalz gewandt hatte – ohne Ergebnis. Richterin Elke Escher hat die Staatsanwaltschaft daraufhin aufgefordert, die genannten Akten zur Verfügung zu stellen.
Bereichsleiter der Regierung in dreistündiger Befragung
Im Laufe des Tages hat heute ein Bereichsleiter der Oberpfälzer Regierung ausgesagt. Der Zeuge hat über den rechtsaufsichtlichen Hinweis der Behörde an die Stadt Regensburg gesprochen. Wie auch schon ein gestern befragter Mitarbeiter der Regierung erklärte S. den internen Vorgang.
Im Jahr 2017 hatte die Behörde von der Kriminalpolizei eine entsprechende Information erhalten, die sie zu diesem Schritt bewegt hatte. Konkret geht es um eine E-Mail des Mitangeklagten Norbert Hartl an Bauunternehmer Volker Tretzel und Joachim Wolbergs. Der Politiker hatte darin interne Unterlagen zur Ausschreibung des Nibelungenareals verschickt. Die allseits im Raum schwebende Frage: Hat Joachim Wolbergs diese Nachricht zur Kenntnis genommen? Er beteuert, nichts davon gewusst zu haben.
In seiner Aussage hat der Bereichsleiter S. den gestrigen Zeugen korrigiert. Es sei vollkommen unerheblich, ob der Oberbürgermeister wusste, dass er diese Mail auch bekommen habe. Am Prüfungsergebnis der Regierung und der Rüge an die Stadt hätte sich nichts geändert.
Verteidiger werfen „nicht nachvollziehbare Aussagen“ vor
Zur Ausarbeitung, Formulierung und der Wichtigkeit der Stellungnahme innerhalb der Behörde haben die Verteidiger den heutigen Zeugen ausführlich und mit forderndem Ton befragt. S. sprach von einem normalen Vorgang, obwohl Regierungspräsident Axel Bartelt und der damalige Vize-Regierungspräsident mitwirkten.
Die Anwälte unterstellten ihm „nicht nachvollziehbare Aussagen“. Einen Beleg für diese Einschätzung sieht die Verteidigung unter anderem in einer E-Mail. Deren Inhalt betrifft die Stellungnahme der Regierung. In einer Nachricht an Axel Bartelt schreibt der Bereichsleiter beispielsweise, dass er einen veränderten Antwortvorschlag auf die „zwischenzeitlich veröffentlichte Strategie der Verteidigung“ habe. Woher der Zeuge von der Art des Vorgehens der Anwälte gewusst habe, konnte er heute trotz mehrmaliger Nachfragen nicht beantworten. Er räumte ein, den Text missverständlich formuliert zu haben.
Parteipolitisches Kalkül innerhalb der Behörde?
Der Verteidiger Peter Witting und Joachim Wolbergs sahen ihre Theorie bestätigt. Seit dem Zeitpunkt seiner Inhaftierung gebe es „Partnerbehörden“, glaubt Wolbergs in seiner Erklärung. Diese hätten enormes Interesse daran, dass der angeklagte Politiker nicht mehr auf die Füße komme. Dazu zählen auch die Regierung der Oberpfalz und die Landesanwaltschaft. Die Behörden, die dem Freistaat Bayern unterliegen, hörten auf dessen Weisungen, so Wolbergs.
Der heutige Zeuge wies parteipolitisches Kalkül und Einflussnahme auf das Strafverfahren zurück.