Fr., 12.11.2021 , 17:43 Uhr

Erst einzelne Kommunen, dann das ganze Land: Bayern steuert auf 2G zu

Täglich müssen die Behörden im Freistaat neue Corona-Rekordzahlen verkünden, die Kliniken sind längst im Ausnahmezustand. Während Bayerns Politik nur zögernd agiert, zieht Österreich die Notbremse.

Als Reaktion auf die völlig außer Kontrolle geratenen Corona-Pandemie steuert Bayern auf eine flächendeckende 2G-Regelung zu. Für Ungeimpfte sollen ab der kommenden Woche Zugangsbeschränkungen für die Gastronomie und die Hotellerie in Kraft treten, wie die Deutsche Presse-Agentur in München am Freitag aus gut unterrichteten Kreisen erfuhr. Frühestmöglicher Termin für die Einführung wäre demnach der Dienstag, die genauen Details sollen aber erst auf der Kabinettsklausur am Wochenende beschlossen werden.

Körpernahe Dienstleistungen - also etwa Friseure und Fußpflege - sollen von der strengeren Auflage ausgenommen bleiben. Ungeimpfte könnten hier weiterhin mit einem negativen Testergebnis Termine vereinbaren. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte zudem bereits angekündigt, für Clubs und Diskotheken sogar den Standard 2G plus - also Zutritt nur für Geimpfte und Genesene, die aber zusätzlich noch einen Schnelltest machen müssen, zulassen zu wollen.

Hintergrund für die Verschärfung der Maßnahmen sind die seit Tagen extrem steigenden Infektions- und Todeszahlen. Das Robert Koch-Institut (RKI) meldete am Freitagmorgen 13 197 neue Covid-19-Fälle im Freistaat - das ist mehr als ein Viertel der insgesamt 48 640 Neuinfektionen in Deutschland. Außerdem wurden 63 neue Pandemieopfer in Bayern gemeldet. Fast jeder Dritte der bundesweit 191 Corona-Toten kam somit aus dem Freistaat.

Immer mehr besonders stark von Corona-Neuinfektionen betroffene Kommunen im Freistaat wollen nicht mehr auf die landesweiten Regeln warten. In den Landkreisen Mühldorf am Inn, Altötting, Traunstein, Berchtesgadener Land, Miesbach sowie Stadt und Landkreis Rosenheim gelte ab Montag 2G in Gastronomie und Beherbergungsbetrieben, teilten die Landratsämter mit. Zudem müssen hier auch kleine Betriebe unter zehn Mitarbeitern die 3G-Regel anwenden. «Die Lage in den Kliniken der Region ist besorgniserregend», heißt es in einer Mitteilung.

Nur Geimpfte, Genesene sowie Kinder unter zwölf Jahren haben dann noch Zugang zu Gaststätten und Beherbergungsbetrieben. Wer sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen könne, brauche einen PCR-Test. Für angereiste Gäste gilt eine Frist bis 21. November. Der Gastgeber könne die Verschärfung aber auch gleich umsetzen.

«Es muss gelingen, die medizinische Versorgung aufrecht erhalten zu können», sagte der Rosenheimer Landrat Otto Lederer (CSU). Die Landräte Max Heimerl aus Mühldorf am Inn und Erwin Schneider aus Altötting (beide CSU) wandten sich an die Bevölkerung: «Wir haben alle gehofft, wir hätten das Schlimmste hinter uns. Aber so ist es leider nicht. Ganz im Gegenteil: Die Situation in unseren Kliniken ist jetzt schon dramatischer als je zuvor in der Corona-Pandemie.» München hatte schon am Donnerstag die 2G-Regel für die Gastronomie angekündigt, hier bleibt die Hotellerie aber zunächst außen vor.

«Wir hatten die Einführung von 2G so erwartet und es war auch nicht mehr abwendbar», sagte Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga Bayern. «Wir appellieren an die geimpften Gäste, weiterhin zu uns zu kommen und an alle, die sich impfen lassen können, dies auch zu tun.» Die 2G-Plus-Regel halte er aber für nicht verhältnismäßig. «Auch wenn sich Geimpfte anstecken können, so werden sie nicht zu einer Überlastung des Gesundheitssystems beitragen.» Nun müssten die Überbrückungshilfen aber auch über den Jahreswechsel hinaus beschlossen werden.

Hintergrund für die Verschärfung der Maßnahmen sind die extrem steigenden Infektions- und Todeszahlen. Das Robert Koch-Institut (RKI) meldete am Freitagmorgen 13 197 neue Covid-19-Fälle in Bayern - mehr als ein Viertel der 48 640 Neuinfektionen in Deutschland. Zudem wurden 63 neue Pandemieopfer in Bayern gemeldet. Fast jeder Dritte der bundesweit 191 Corona-Toten kam somit aus dem Freistaat.

Acht Landkreise mit den bundesweit höchsten Sieben-Tage-Inzidenzen lagen laut RKI in Bayern. Mit Mühldorf am Inn, Miesbach und Rottal-Inn lagen drei Kreise über der 1000er-Marke, an erster Stelle stand Rottal-Inn mit 1156,0. Mit 454,9 hatte Bayern im Vergleich der Bundesländer die dritthöchste Inzidenz.

In einzelnen bayerischen Orten - darunter Ingolstadt - gab es wegen der Lage bereits erste Absagen für Christkindlmärkte, die meisten größeren Städte halten aber noch an ihren Plänen fest. Auch in München, Augsburg, Regensburg und Passau laufen die Planungen weiter.

Dass es die Menschen in Bayern mit den Corona-Auflagen trotz der dramatischen Lage in den Kliniken nicht so ernst nehmen, zeigte sich unterdessen erneut bei Polizeikontrollen. Wie das Innenministerium mitteilte, seien seit Donnerstag bei 1043 Kontrollen 108 Verstöße festgestellt worden. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) kündigte an, dass die Überprüfungen nun noch ausgeweitet würden. «Zur Unterstützung der Polizeidienststellen ist am kommenden Wochenende auch die Bayerische Bereitschaftspolizei im Einsatz», sagte er.

Bei den Kontrollen geht es darum, ob die Zugangsbeschränkungen von den Betreibern der Restaurants, Kinos, Fitnessstudios oder Friseursalons korrekt überprüft werden. Mitunter gilt die 2G-Regel, wonach nur Geimpfte oder Genesene Zutritt haben. In anderen Fällen geht es um 3G plus, wonach man auch mit einem negativem PCR-Test beispielsweise Cafés und Gaststätten besuchen kann.

Wie schon zu Beginn der Pandemie vermittelt die Vereinigung der Pflegenden in Bayern (VdPB) über ihren Pflegepool Freiwillige in Pflegeeinrichtungen, Kliniken und ambulanten Dienste. Seit März 2020 hätten sich mehr als 3000 Freiwillige registriert und ihre Bereitschaft zu Hilfseinsätzen dokumentiert, teilte die VdPB mit.

Wie dramatisch die Lage auch außerhalb Bayerns ist, zeigten die Entwicklungen in den Nachbarländern. Fast ganz Österreich, Tschechien und Ungarn wurden am Freitag zu Corona-Hochrisikogebiete erklärt. Österreichs Kanzler Alexander Schallenberg kündigte unterdessen an, dass es in seinem Land in wenigen Tagen ein Lockdown für Ungeimpfte geben werde. Erst am Montag hatte Österreich eine 2G-Regel für Lokale, Tourismus, Veranstaltungen und Sport eingeführt.

dpa

Weitere Nachrichten zum Thema

13.07.2025 Roding: Unberechtigt auf Dachboden genächtigt In Roding wurde am 13. Juli ein 59-Jähriger auf dem Dachboden eines Mehrfamilienhauses beim unbefugten Nächtigen angetroffen, festgenommen und nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft wieder entlassen – ihn erwartet nun eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs. 26.01.2025 Regensburg: Tödlicher Verkehrsunfall auf der A3 Auf der A3 bei Regensburg kam es heute in den frühen Morgenstunden zu einem schweren Verkehrsunfall mit einem Toten und mehreren Verletzten. 24.01.2025 Bayern: Laut Gerlach gut für künftige Pandemien gewappnet Fünf Jahre nach der ersten bestätigten Corona-Infektion zieht Bayerns Gesundheitsministerin eine positive Bilanz der daraus gezogenen Konsequenzen - anders als Jens Spahn. 12.12.2024 Regensburg: Einbruch in Juweliergeschäft – Zeugen gesucht In Regensburg wurden bei einem Einbruch in ein Juweliergeschäft über 80 Schmuckstücke gestohlen. Die Kriminalpolizei hat die Ermittlungen aufgenommen und bittet die Bevölkerung um Hinweise. 01.12.2024 Oberhinkofen: Drei Verletzte nach Frontalzusammenstoß Am Samstag, den 30. November 2024, ereignete sich gegen 13:15 Uhr ein schwerer Verkehrsunfall in Oberhinkofen, Gemeinde Obertraubling, bei dem drei Menschen verletzt wurden. Der Unfall geschah auf der Kreisstraße R19 kurz hinter dem Ortsausgang. Unfallhergang Ein 91-jähriger Autofahrer aus dem Landkreis Regensburg war in Richtung Regensburg unterwegs, als er aus bislang ungeklärter Ursache auf 31.10.2024 Bayern: 16.500 Firmen verpassen Frist für Corona-Hilfen-Abrechnung Rund 16.500 bayerische Unternehmen haben trotz einer zusätzlichen einjährigen Frist keine Schlussabrechnung für die Corona-Hilfen des Bundes eingereicht. Dies gab die Industrie- und Handelskammer (IHK) München und Oberbayern bekannt. Betroffene Unternehmen sind nun verpflichtet, den gesamten Corona-Zuschuss plus Zinsen zurückzuzahlen. Firmen, die jedoch eine Fristverlängerung beantragt haben, können ihre Abrechnung im Rahmen eines Anhörungsverfahrens bis

Videos zum Thema

21.09.2023 01:05 Min Donaustauf: Landesverband für Post-Covid 19 gegründet Heute ist daran nicht mehr zu denken, aber im September vor zwei Jahren war unser Alltag noch von der 2 und 3G Regel geprägt. Corona liegt für manche weit zurück, für andere ist es noch jeden Tag präsent. Die Rede ist von den Folgen der Erkrankung. In Donaustauf gibt es ja schon eine Bilanz, die 18.09.2023 04:00 Min Corona- und Grippeimpfungen sinnvoll? Experte im Gespräch Auch wenn es immer noch warm ist, der Sommer neigt sich allmählich dem Ende entgegen. Das bedeutet, langsam beginnt die Erkältungs- und Grippezeit. Und leider gibt es ja auch immer noch das Corona-Virus. Wie sinnvoll ist es, sich impfen zu lassen? Darüber hat Martin Lindner mit Richard Leberle gesprochen. Der Mediziner war Leiter des Regensburger 13.09.2023 01:20 Min Regensburg: Corona- und Grippeimpfungen, Ja oder Nein? Mit dem Herbst steht auch die Erkältungs- und Coronazeit bevor. Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) rät zu Impfungen. Wir wollten wissen, ob sich die RegensburgerInnen schon Gedanken dazu gemacht haben… 13.06.2023 00:36 Min Bayern: Anstieg im bayerischen Gastgewerbe im April Der Umsatz im bayerischen Gastgewerbe ist stärker als noch 2022. Das zeigen aktuelle Zahlen des Bayerischen Landesamtes für Statistik. 28.02.2023 00:24 Min Bayern: Corona-Testzentren schließen Ab Morgen haben die öffentlichen Corona-Testzentren in Bayern geschlossen. 01.02.2023 00:30 Min Bayern: Weitere Maskenpflichten fallen Ein Thema, das in den letzten Jahren für viel Aufregung und Demonstrationen gesorgt hat, war die Corona-Pandemie. Besonders über die Maskenpflicht wurde viel debattiert. Jetzt fallen immer mehr Maßnahmen weg – auch in Bayen.

Das könnte Dich auch interessieren

24.01.2025 Bayern: Laut Gerlach gut für künftige Pandemien gewappnet Fünf Jahre nach der ersten bestätigten Corona-Infektion zieht Bayerns Gesundheitsministerin eine positive Bilanz der daraus gezogenen Konsequenzen - anders als Jens Spahn. 02.12.2025 Bayern: Schülerstreiks gegen neues Wehrdienstgesetz Im Rahmen eines bundesweiten Schulstreiks wollen Jugendliche am Freitag in zahlreichen Städten im Freistaat – darunter München, Nürnberg, Augsburg, Landshut, Rosenheim, Eichstätt und Kempten – gegen eine mögliche Rückkehr der Wehrpflicht demonstrieren. Auf der zentralen Aktionsseite schulstreikgegenwehrpflicht.com heißt es: „Wir wollen nicht ein halbes Jahr unseres Lebens in Kasernen eingesperrt sein, zu Drill und Gehorsam 19.11.2025 Bayern: Deutlich weniger Asylanträge in 2025 Wie das Innenministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte, lag der Rückgang bei 58 Prozent. 2024 hatten noch etwa 27.600 Personen einen Antrag gestellt. Weniger Bewohner in Asylunterkünften Mitte November lebten laut Ministerium noch etwa 126.000 Menschen in den bayerischen Asylunterkünften – rund 12.000 weniger als zu Jahresbeginn. Auch beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 12.11.2025 Bayern: Über 48.000 Cybercrime-Anzeigen registriert Bayern sieht sich weiter einer massiven Gefahr durch Cyberangriffe ausgesetzt. Laut dem Bericht zur Cybersicherheit in Bayern 2025, der in München vorgestellt wurde, wurden im letzten Jahr mehr als 48.000 Fälle von Cybercrime angezeigt. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) betonte: „Nach der polizeilichen Kriminalstatistik wurden in Bayern im zurückliegenden Berichtszeitraum über 48.000 Fälle von Cybercrime zur