Di, 28.01.2020 , 13:52 Uhr

Coronavirus: Was man darüber weiß - und was nicht

Das neue Coronavirus breitet sich mit einer enormen Dynamik aus – trotz der Gegenmaßnahmen der chinesischen Behörden. Weltweit versuchen Forscher, aus der noch jungen Entwicklung auf möglichst viele Eigenschaften des Erregers zu schließen. Was man weiß – und was nicht:

– CORONAVIREN: Der Erreger 2019-nCoV zählt zu den Coronaviren – so benannt, weil sie von zackenartigen Strukturen umgeben sind, die einer Krone ähneln. Sieben Vertreter dieser Gruppe verursachen beim Menschen Atemwegserkrankungen. Von dreien davon ist bekannt, dass sie mitunter schwere Symptome auslösen: Beim ebenfalls aus China stammenden Sars-Virus (Schweres Akutes Atemwegssyndrom) wurden 2002/2003 rund 8000 Fälle bekannt, etwa 800 Menschen starben. 2012 tauchte in Vorderasien das Mers-Virus (Middle East Respiratory Syndrome) auf. Es ist weniger ansteckend, aber aggressiver: Von rund 2500 Infizierten bis November 2019 starben knapp 860 – etwa jeder dritte. 2019-nCoV ist sehr eng mit Sars verwandt.

– INFEKTIOSITÄT: Wie ansteckend das neue Virus ist, lässt sich bisher nur schwer beurteilen. Chinesische Behörden gehen davon aus, dass ein Infizierter durchschnittlich 1,4 bis 2,5 Menschen ansteckt – das wäre ähnlich wie bei Sars. «Solche Zahlen sind extrem unzuverlässig», sagt der Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité. Demnach hängt die Übertragungsrate von sehr vielen Faktoren ab – etwa ob Menschen sozial aktiv sind oder eher zuhause bleiben. Genau darauf zielen nach Ansicht Drostens die Maßnahmen in China ab. «Ich denke, diese Maßnahmen bringen etwas.» Positiv ist, dass Menschen meist erst mit der Symptomatik infektiös werden – im Gegensatz zur Grippe, bei der Menschen schon ansteckend sind, bevor sie erkranken.

– AGGRESSIVITÄT: Das neue Coronavirus scheint weniger aggressiv zu sein als Sars und Mers. Bis Dienstagmorgen starben mehr als 100 von rund 4500 Infizierten – das entspräche einer Sterberate von etwa 2 Prozent. Allerdings dürfte diese Zahl täuschen, denn gerade am Anfang eines Ausbruchs werden eher die schweren Fälle bekannt. Eine Mortalität um drei Prozent wäre nach Ansicht Drostens sehr viel. Der Experte geht davon aus, dass auch die für Sars gewöhnlich angegebenen zehn Prozent ein viel zu hoher Wert sind. «Vermutlich gab es damals viel mehr als die bekannten 8000 Sars-Fälle», erläutert er.

– SYMPTOME: Die Inkubationszeit – der Zeitraum zwischen Infektion und Beginn von Symptomen – beträgt 2 bis 14 Tage. Die Lungenerkrankung äußert sich durch Fieber, trockenen Husten, Abgeschlagenheit und Atemnot. Weil das Virus die unteren Atemwege infiziert, haben Betroffene keinen Schnupfen. Letztlich ähneln die Symptome denen einer Sars-Infektion. Kein Wunder, denn das neue Virus dockt am gleichen Rezeptor an. Der Test auf das Virus basiert meist auf der Analyse von Sputum (Auswurf) und dauert etwa zwei Stunden.

– THERAPIE: Eine spezielle Therapie für die Lungenerkrankung gibt es nicht. Schwer erkrankte Patienten werden symptomatisch behandelt: mit fiebersenkenden Mitteln, der Therapie etwaiger bakterieller Zusatzinfektionen und mitunter mechanischer Beatmung.

– IMPFUNG: Eine Impfung wäre das beste Mittel, die Epidemie einzudämmen. Laut Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin werden derzeit Impfstoff-Kandidaten gegen Mers am Menschen getestet. Sie seien – erfolgreiche Resultate vorausgesetzt – frühestens in einigen Monaten verfügbar. «Darauf ließe sich dann aufbauen», sagt Schmidt-Chanasit.

– RESERVOIRE: Die Reservoire verschiedener Coronaviren liegen im Tierreich. Bei Mers sind Kamele der Ursprung, bei Sars und dem neuen Erreger liegen die Reservoire vermutlich bei Fledermäusen. Auf den Menschen sprang der Sars-Erreger vermutlich von Schleichkatzen über, die auf chinesischen Märkten angeboten werden. Auch 2019-nCoV geht vermutlich von einem Tiermarkt in China aus. Von welcher Tierart das Virus übersprang, ist derzeit nicht bekannt.

– SCHUTZ: Zum Schutz vor diesem wie auch anderen Viren empfehlen Experten gewöhnliche Hygienemaßnahmen: regelmäßiges Händewaschen, Desinfektionsmittel und Abstand zu Erkrankten. Den Nutzen von normalen Atemmasken – wie derzeit in China überall auf den Straßen zu sehen – schätzen Schmidt-Chanasit und Drosten als eher gering ein.

– PROGNOSEN: Manche Experten rechnen mit einem langen Ausbruch. «Wir sollten das als Marathon betrachten und nicht als Sprint», sagte Chris Whitty, der die britische Regierung in Gesundheitsfragen berät. «Das Ausmaß und die Auswirkungen dieses Ausbruchs sind derzeit unklar, weil sich die Lage rapide entwickelt», schrieb ein Team um Anthony Fauci von den US-Nationalen Gesundheitsinstituten (NIH) im Fachblatt «JAMA». Der Virologe Drosten hingegen kann sich vorstellen, dass die Epidemie ähnlich schnell endet wie der Sars-Ausbruch, der schnell abflaute und 2004 für beendet erklärt wurde. «Ich bin geneigt, optimistisch zu denken, weil das eine Sars-ähnliche Krankheit ist.» Dazu passe, dass es außerhalb Chinas bislang kaum zu einer Weiterverbreitung kam. «Das ist extrem ermutigend.» Sars kursiert zwar weiter – aber nur im Tierreich.

 

Experte hält Schutzmaßnahmen von Bürgern für «unsinnig»

Auch nach dem ersten bestätigten Fall des neuartigen Coronavirus in Deutschland hält ein Infektionsexperte Schutzmaßnahmen von Bürgern wie das Tragen von Mundschutz derzeit für unnötig. «Persönlicher Schutz ist im Augenblick vollkommen unsinnig», sagte der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie, Bernd Salzberger (Universitätsklinikum Regensburg), am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Die Gesundheitsbehörden kümmerten sich «hervorragend», darauf könnten sich Bürger verlassen.

Sogenannte chirurgische Gesichtsmasken sind dem Experten zufolge eigentlich nicht zum Schutz vor Ansteckungen gemacht: Vielmehr sollen sie dafür sorgen, dass keine möglicherweise infektiösen Tröpfchen aus dem Atemtrakt von Chirurgen in das Operationsgebiet gelangen. Es mache Sinn, zum Beispiel als Grippekranker eine Maske zum Schutz anderer Menschen zu tragen. «Aber der Schutz vor einer Infektion von außen ist sehr, sehr schlecht damit», sagte Salzberger.

dpa/MF

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