Do, 08.12.2016 , 10:07 Uhr

Bis zum Morgengrauen? Landtag debattiert Integrationsgesetz

Wird es 5.00 Uhr morgens sein, 7.00 Uhr oder vielleicht sogar 9.00 Uhr? Die Prognosen gehen auseinander: Wie lange wird die Landtagssitzung dauern? Wann wird die Schlussabstimmung sein über das Integrationsgesetz, das so umstritten ist wie kaum ein Gesetz der vergangenen Jahre? Mit vielen Tricks wollen SPD und Grüne die Debatte in die Länge ziehen, auch wenn – beziehungsweise gerade weil – sie das Gesetz gegen die absolute CSU-Mehrheit nicht verhindern können. Es ist der maximale Protest. Einige zentrale Fragen und Antworten:

Was beinhaltet das Integrationsgesetz?

Die Staatsregierung argumentiert, man wolle damit den Grundsatz des «Förderns und Forderns» in der Integrationspolitik festschreiben. «Wer zu uns kommt und bleiben darf, dem bieten wir vielfältigste Hilfe zur Integration, beginnend schon bei den Kindern. Im Gegenzug verlangen wir aber auch die Achtung unserer Rechts- und Werteordnung und fordern den erkennbaren Integrationswillen der Migrantinnen und Migranten ein», erklärt Sozialministerin Emilia Müller (CSU).

Als Präambel am Anfang des Gesetzes steht ein Bekenntnis zur hiesigen «Leitkultur» beziehungsweise zur «identitätsbildenden Prägung unseres Landes». In der Begründung ist sogar explizit von einer «bayerischen Identität» die Rede. Konkret enthält der Entwurf dann unter anderem folgende Regelungen: Migranten, die sich dem Erlernen der deutschen Sprache verweigern, müssen mit Sanktionen rechnen. Und wer die deutsche Rechts- und Werteordnung missachtet, muss künftig an einem «Grundkurs» darüber teilnehmen – wenn er kein Bußgeld riskieren will.

 

Warum ist das Gesetz so umstritten?

Vor allem wegen des Begriffs der «Leitkultur». In fast beispielloser Einmütigkeit kritisierten Dutzende Verbände, aber auch Kirchen und Gewerkschaften den politisch umkämpften Begriff: Undefiniert, ungeeignet, unklar, verfehlt, nicht hinnehmbar – so oder ähnlich lautete quasi durchgängig die Kritik. Vergeblich: Alle Versuche, den Begriff aus dem Gesetz zu verbannen, blockte die CSU strikt ab. Die SPD etwa schimpft nun, der CSU gehe es gar nicht um Integration, sondern um Populismus, Polarisierung und Spaltung der Gesellschaft.

 

Wie wird die Landtagssitzung ablaufen, was planen SPD und Grüne?

Für den Nachmittag war zunächst eine Generalaussprache über das Gesetz geplant. Dann sollte es folgendermaßen weitergehen: Zunächst insgesamt 29 Einzelberatungen von jeweils 15 bis 30 Minuten, quasi über jeden einzelnen Artikel des Gesetzentwurfs der Staatsregierung. Dann die Endabstimmungen über alle drei vorliegenden Gesetzentwürfe (auch die von Grünen und Freien Wählern) in zweiter Lesung. Dann eine Pause, dann die abschließende dritte Lesung, also der endgültige Beschluss.

 

Kann das Gesetz von der Opposition aufgehalten werden?

Nein. Wenn die CSU darauf achtet, dass ihre Abgeordneten auch mitten in der Nacht immer in der Überzahl sind, nicht. Gegen die absolute CSU-Mehrheit können SPD, Grüne und Freie Wähler nichts ausrichten.

 

Wann soll das Gesetz in Kraft treten?

Schon am 1. Januar. Deshalb drückt die CSU ja so aufs Tempo.

Christoph Trost, dpa

Zur Übersicht

Das könnte Dich auch interessieren

26.04.2024 Bayern: Rekordzahl von Menschen eingebürgert Im Freistaat sind mehr eingewanderte Menschen als je zuvor eingebürgert worden. Insgesamt waren es im vergangenen Jahr mehr als 36.000 Menschen. 25.04.2024 EU-Parlament stimmt schwächeren Umweltauflagen für Bauern zu Mehr als 100.000 Landwirte haben Anfang des Jahres europaweit gegen die europäische Agrarpolitik protestiert. Jetzt geht Brüssel einen Schritt auf die Landwirte zu. Das Europaparlament nickt abgeschwächte Umweltvorgaben ab. 06.04.2024 Höhere Cannabis-Grenzwerte im Verkehr? - Bayern kündigt Widerstand an Kiffen ist jetzt weitgehend legal - doch zugedröhnt Auto fahren ist weiter keine gute Idee. In der Diskussion um eine Anhebung der Grenzwerte hat Bayern eine klare Haltung - und eine Forderung. 04.04.2024 Cannabis-Legalisierung in Deutschland: Tschechien will Lage beobachten Tschechien will die weitere Entwicklung nach der am 1. April in Deutschland in Kraft getretenen teilweisen Cannabis-Legalisierung zunächst beobachten.