Di, 20.07.2021 , 08:32 Uhr

Bayern: Umfrage zeigt Auswirkungen von Corona auf Schüler

Lernrückstände und Entwicklungsstörungen - Bayerns Gymnasiasten brauchen neben fachlicher Unterstützung auch psychosoziale Hilfe zur Aufarbeitung der Krise. Das ergibt eine Umfrage des bayerischen Philologenverbandes (bpv).

Umfrage: Jeder zehnte Gymnasiast hat psychische Probleme wegen Corona

 

Jeder zehnte Gymnasiast in Bayern braucht einer Umfrage zufolge professionelle Hilfe zur Aufarbeitung der Corona-Krise. Die Hälfte der befragten Klassenleitungen habe angegeben, "dass mindestens drei oder sogar mehr als vier Lernende ihrer Klasse nach dem zweiten Corona-Schuljahr erheblichen psychosozialen Unterstützungsbedarf haben - wir reden hier von zehn Prozent der bayerischen Gymnasiasten", sagte Michael Schwägerl, Vorsitzender des bayerischen Philologenverbandes (bpv), am Montag in München.

Zum Ende des Schuljahres hatte der bpv unter seinen Mitgliedern, die überwiegend an den Gymnasien im Freistaat beschäftigt sind, eine Umfrage zur Lage an den Gymnasien und Beruflichen Oberschulen durchgeführt. Rund 2000 Lehrer hatten sich laut Schwägerl daran beteiligt. Dabei sei herausgekommen, dass es in 85 Prozent der Klassen Schüler mit Unterstützungsbedarf im psychosozialen Bereich gebe. In der Hälfte der Klassen benötigten drei und mehr Schüler professionelle Hilfe. Lernrückstände sind demnach nur ein Teil des Problems. 

Viel dramatischer seien pandemiebedingte Entwicklungsstörungen bei Jugendlichen. Hierzu zählen beispielsweise Depressionen, Essstörungen, Verhaltens- und Lernschwierigkeiten oder Prüfungsängste. 

 

Unterstützung braucht Zeit und Ressourcen

Aus Schwägerls Sicht sind die Probleme nur in den Griff zu bekommen, wenn die Pädago­ginnen und Pädagogen genug Zeit und Ressourcen haben, die ihnen anvertrauten Kinder und Jugendlichen auch individuell zu betreuen – im Klassenzimmer sowie darüber hinaus.

“Um die Defizite aufzufangen braucht es nicht nur mehr Beratungszeit für die Schulpsychologen, sondern auch mehr Lehrkräfte insgesamt. Wahlkurse, Fahrten oder Exkursionen sind laut den Befragten ebenfalls förderliche Maßnahmen - dazu brauchen wir aber genügend Personal”,

fordert Schwägerl.

Regina Knape, die in Oberfranken als Schulpsychologin tätig ist, sieht deutlichen Hand­lungsbedarf:

„Die monatelangen Schulschließungen und die fehlenden sozialen Kontakte haben allen Kindern und Familien zugesetzt – den einen mehr, den anderen weniger. Das zeigt sich besonders in den Schulen und daher sind die Schulen der zentrale Ort, um langfristig und passgenau Unterstützungsarbeit zu leisten. Da verwundert es nicht, dass in der Umfrage mehr Stunden für Schulpsychologin­nen und Schulpsychologen sowie Beratungslehrkräfte gefordert werden. Die aktuelle Stundenausstattung reichte bereits vor Corona kaum aus. Jetzt müssen wir uns aber um viel mehr Schüler und Eltern kümmern.”

 

Auch der Aspekt der Sprache sei nicht zu unterschätzen. Schüler, die über Monate im Distanzunterricht waren und zu Hause kein Deutsch sprechen, seien auf die Schule angewiesen. Deshalb müsse alles dafür getan werden, die Schulen im Herbst offenzuhalten und maximalen Gesundheitsschutz zu garantieren.

Ein Großteil der Befragten habe sich außerdem für kleinere Lerngruppen eingesetzt.

 

Ein Luftreiniger pro Klassenzimmer, eine Lehrerstelle pro Schule

Zudem sind der Umfrage zufolge nur ein Drittel der Lehrer mit dem Luftaustausch in den Unterrichtsräumen zufrieden. Damit auch im Herbst Unterricht in Präsenz garantiert werden kann, fordern die Mitglieder der bpv einen Raumluftreiniger pro Klassenzimmer. Denn die Lernenden mit ihren fachlichen und persönlichen Schwierigkeiten individuell abzuholen – da sind sich die Experten einig – das funktioniert nur im Präsenzunterricht. Deswegen müsse alles dafür getan werden, die Schulen im Herbst offenzuhalten und maximalen Gesundheitsschutz zu garantieren.

„[...] Wir fordern einen Raumluftreiniger pro Klassenzimmer und eine zusätzliche Planstelle für passgenauere Förderung pro Gymnasium – das sind wir den Kindern und Jugendlichen schuldig. Die Fehler aus dem Herbst 2020 dürfen sich nicht wie­derholen“,

schließt Schwägerl ab.

 

Bayerischer Philologenverband e.V./dpa/JM

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