Nach der Freigabe durch den Bund können in Bayern bereits ab heute (19.03.) die Corona-Schutzimpfungen mit Astrazeneca fortgesetzt werden. Noch am Donnerstagabend sollten die Impfzentren schriftlich darüber informiert werden, sagte Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) der Deutschen Presse-Agentur in München.
Er betonte, dass die Impfzentren individuell regeln müssten, wie sie mit den bestehenden Terminen und auch möglichen Nachholterminen verfahren würden. Aus der Sicht Holetscheks sollten aber diejenigen, deren Termine wegen der zwischenzeitlichen Aussetzung von Astrazeneca ausgefallen sind, bei neuen Planungen bevorzugt behandelt werden.
Zudem müsse nun abgewartet werden, wie jetzt die Nachfrage nach dem Mittel von Astrazeneca sei. Es bleibe ein hoch wirksamer Impfstoff, der vor schweren Verläufen und sogar vor dem Tod schützen kann, sagte Holetschek. Dies sei nun wiederholt festgestellt worden.
Am Donnerstag hatte die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) bekräftigt, dass der Impfstoff von Astrazeneca sicher sei. Die seit Montag ausgesetzten Corona-Impfungen mit dem Präparat sollen am Freitag in ganz Deutschland wieder aufgenommen werden - aber mit einem neuen Warnhinweis für Frauen unter 55 Jahren. Sollten Frauen den Impfstoff nicht nutzen können, müsse es auch hier individuelle Lösungen geben, sagte Holetschek. «Wir wollen jedem ein Angebot machen, das ist weiter das Ziel.»
Die Grünen im Landtag forderten unterdessen von der Staatsregierung mehr Transparenz über die Impfungen und die Impfstoff-Verteilung. Bislang sei «absolut unklar und intransparent», ob es in Bayern gelinge, die Impfverordnung des Bundes sicherzustellen, heißt es in einem Positionspapier der Fraktion mit dem Titel «Echter Impfturbo».
Zudem brauche es eine breit aufgestellte Aufklärungskampagne, mehr und schnellere Impfangebote für Risikogruppen sowie im weiteren Verlauf des Jahres auch eine flexiblere Impfreihenfolge. Um die Impfkapazitäten zu erhöhen, seien zudem mehr große Impfzentren etwa auch in Kirchen und Kulturstätten sowie mehr Fachpersonal nötig.
«Bei Frauen vor der Menopause, die ein sehr geringes Risiko für Covid-19-Komplikationen haben, sollte man derzeit überlegen, ob die Impfung mit Astrazeneca erfolgen sollte», sagte Bernd Salzberger, Professor vom Uniklinikum Regensburg, der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstagabend. Für einen 80-jährigen Mann mit hohem Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf hingegen sehe das Risiko-Nutzen-Verhältnis ganz anders aus in Anbetracht der dritten Welle.
Die bisher 13 bekannten Fälle von Blutgerinnseln in Hirnvenen in zeitlichem Zusammenhang zu Impfungen in Deutschland betreffen fast ausschließlich Frauen. Salzberger betonte, dass noch offen sei, ob etwa bestimmte Medikamente oder etwa genetische Veranlagung eine Rolle spielen könnten. Die weitere Klärung werde wohl Wochen dauern.
Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA empfiehlt die Fortsetzung der Impfungen. «Der Impfstoff ist sicher und effektiv gegen Covid-19, und die Vorteile sind wesentlich größer als die Risiken», sagte EMA-Chefin Emer Cooke am Donnerstag in Amsterdam nach einer Sondersitzung des Sicherheitsausschusses. Die EMA bekräftigte, dass es keine Hinweise darauf gebe, dass die Impfungen die Vorfälle verursacht hätten. Dennoch sei es nicht ausgeschlossen. Daher würden die Prüfungen und Studien auch fortgesetzt.
Die EMA-Entscheidung wertete Salzberger als erwartbar, insgesamt überwiege klar der Nutzen der Impfung. Die EMA habe sich offensichtlich die Fälle genau und ernsthaft angeschaut. «Es sind ungewöhnliche, seltene Ereignisse», betonte Salzberger mit Blick auf die berichteten Hirnvenenthrombosen. Er begrüßte, dass die EMA einen Warnhinweis in die Patienten- und Fachinformation aufnehmen wolle. «Das Verfahren insgesamt zeigt, dass das Netzwerk der Arzneimittelsicherheit funktioniert.»
dpa/MB