Fr., 16.09.2022 , 15:07 Uhr

Apotheker: Lieferengpässe bei Medikamenten nehmen zu

Wenn ein dringend benötigtes Medikament nicht mehr verfügbar ist, kann es kritisch werden. Der Apothekerverband sieht vor allem zwei Ursachen für solche Lieferengpässe.

Medikamente vom Fiebersaft bis zum Krebstherapeutikum sind nach Aussage des Deutschen Apothekerverbandes hierzulande immer häufiger und immer länger nicht erhältlich. «Über 250 Mittel sind aktuell als nicht lieferfähig gemeldet», sagte der Vizevorsitzende des Verbands, Hans-Peter Hubmann, der Deutschen Presse-Agentur vor dem Welttag der Patientensicherheit, der am Samstag begangen wird. «Das Problem ist schon sehr bedeutend, das muss man klar sagen.»

«Lieferengpässe gibt es immer wieder mal, weil ein Produzent ausfällt, aber die Menge und die Länge des Ausfalls ist deutlich dramatischer geworden», schilderte Hubmann. Vor fünf Jahren seien zahlenmäßig nicht einmal halb so viele Produkte betroffen gewesen. Probleme gibt es dabei nicht nur bei Nischenprodukten, sondern auch gängige Mittel gegen Bluthochdruck und Diabetes oder Schmerzmittel wie Ibuprofen waren phasenweise bereits nicht erhältlich.

Während sich in vielen Fällen mit einigem Aufwand ein Ausweichmittel mit dem gleichen oder einem ähnlichen Wirkstoff finden lässt, gibt es manchmal keinerlei Alternative, die den Patientinnen und Patienten angeboten werden kann. «Im April und im Mai hatten wir einen absoluten Mangel am Brustkrebsmittel Tamoxifen», berichtete Hubmann. Für die betroffenen Frauen ein Risiko: «Sie wissen nie, wann die Zeitbombe hochgeht, deswegen ist da schon die Gesundheit gefährdet.»

Die Ursachen sind laut Hubmann vielfältig, doch stechen zwei heraus: «Das ist einerseits die Verminderung der Produktionsvielfalt in Europa.» So hätten nahezu alle Anbieter die Produktion von Fiebersaft eingestellt, weil die Herstellung aufgrund der Festbeträge und des Drucks der Kassen nicht mehr wirtschaftlich gewesen sei. «Jetzt gibt es noch einen, und der kann die Menge nicht schultern.»

«Die andere Ursache sind Lieferkettenabrisse», sagte Hubmann. Die Wirkstoffe werden heutzutage überwiegend in Fernost, vor allem in China und Indien, hergestellt. Wenn dort wegen Corona Fabriken geschlossen werden oder Frachter die Häfen nicht mehr anlaufen dürfen, fehlen am Ende selbst diejenigen fertigen Arzneimittel in den Regalen der hiesigen Apotheken, die in Europa hergestellt werden. Manchmal könnten auch Lieferungen wegen Verunreinigungen nicht verwendet werden.

«Deshalb ist unsere Forderung seit längerem, dass auch die Wirkstoffproduktion wieder in Europa stattfinden muss», betonte Hubmann. Die Politik müsse dringend die Voraussetzungen dafür schaffen. Doch selbst, wenn Genehmigungsverfahren schneller durchgingen, der Kostendruck gesenkt und eine Produktion in Europa wieder rentabler würde – «das geht nicht von heute auf morgen». Fünf bis zehn Jahre brauche es mindestens, bis entsprechende Strukturen aufgebaut seien, sagte Hubmann.

 

dpa

 

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