
Beschluss von Ministerkonferenz
Corona-Tests nur noch bis 10. Oktober gratis
Nach ersten Beschlรผssen von Bund und Lรคndern wird es ohne Impfung nicht unkomplizierter. Ab dem 11. Oktober sind Corona-Tests fรผr alle, die sich impfen lassen dรผrfen, kostenpflichtig. Fรผr Nicht-Geimpfte und Nicht-Genesene werden negative Corona-Tests noch im August zur Voraussetzung fรผr viele Aktivitรคten in Innenrรคumen.
Bei Groรsportveranstaltungen sollen maximal 25.000 Zuschauer zugelassen werden. Auรerdem soll die sogenannte ยซ3G-Regelยป in Kraft treten, die vorsieht, dass bestimmte Einrichtungen und Freizeitangebote spรคtestens ab dem 23. August grundsรคtzlich nur noch von Geimpften, Genesenen oder negativ Getesteten betreten werden dรผrfen.
Im Kampf gegen eine vierte Corona-Welle in Deutschland mรผssen sich Nicht-Geimpfte auf mehr Testpflichten einstellen - und Schnelltests ab 11. Oktober in der Regel auch selbst bezahlen. Das vom Bund finanzierte Angebot fรผr kostenlose ยซBรผrgertestsยป fรผr alle soll am 10. Oktober enden.
Darauf verstรคndigten sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerprรคsidenten der Lรคnder bei Beratungen am Dienstag, wie die Deutsche Presse-Agentur von mehreren Quellen aus Teilnehmerkreisen erfuhr. Eine abschlieรende Einigung รผber das gesamte Beschlusspapier zum Corona-Kurs fรผr Herbst und Winter stand vorerst noch aus. Erklรคrtes Ziel: Mรถglichst schnell mehr Menschen fรผr Impfungen zu gewinnen - und einen neuen Lockdown abzuwenden.
"Wer nicht geimpft ist, muss sich absehbar regelmรครig testen lassen, wenn er in Innenrรคumen mit anderen Menschen zusammentrifft",
hieร es in einem der dpa vorliegenden Entwurf fรผr die Bund-Lรคnder-Runde. Denn das Infektionsgeschehen steigt nach dem niedrigen Niveau des Sommers inzwischen rasch wieder. Die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen liegt laut Robert Koch-Institut (RKI) nun bei 23,5 - am Vortag hatte die Sieben-Tage-Inzidenz noch bei 23,1 gelegen, beim jรผngsten Tiefststand vor gut einem Monat 4,9.
Testen: Kostenpflichtige Tests ab 11. Oktober
Sich vor einem Restaurantbesuch oder der Urlaubsreise mal eben testen zu lassen, wird absehbar komplizierter - durchaus auch als Anstoร fรผr mehr Impfungen, die ja gratis sind und extra Tests meist รผberflรผssig machen. Da mittlerweile allen ein unmittelbares Impfangebot gemacht werden kรถnne, sei eine dauerhafte รbernahme der Kosten fรผr alle Tests durch den Steuerzahler nicht angezeigt, hieร es in dem Entwurf. Gratis sollen Schnelltests nur noch fรผr jene zu haben sein, die sich nicht impfen lassen kรถnnen oder fรผr die es keine allgemeine Impfempfehlung gibt wie Schwangere und Unter-18-Jรคhrige.
Der Bund wird ab dem 11. Oktober nicht mehr die Kosten fรผr Corona-Schnelltests fรผr alle Bรผrger รผbernehmen. Wer sich nicht impfen lรคsst und zum Beispiel fรผr einen Restaurantbesuch einen negativen Test braucht, muss diesen dann selbst bezahlen.
Der Berliner Regierende Bรผrgermeister und Vorsitzende der Ministerprรคsidentenkonferenz, Michael Mรผller (SPD), erlรคuterte vor der Runde im ZDF mit Blick auf die Umstellung Mitte Oktober: "Dann hat ab jetzt jeder acht Wochen Zeit, sich impfen zu lassen." Der Bund finanziert seit Mรคrz mindestens einen Schnelltest pro Woche fรผr alle Bรผrger, das kostete schon mehr als drei Milliarden Euro. Kรผnftig soll ein "angemessener Preis" selbst zu zahlen sein, hatte die Regierung erklรคrt. Zur Orientierung: Fรผr Testanbieter wurde die Vergรผtung zum 1. Juli auf 11,50 Euro fรผr Sachkosten und das Testabnehmen gesenkt.
Fรผr Nicht-Geimpfte und Nicht-Genesene werden negative Corona-Tests noch im August zur Voraussetzung fรผr viele Aktivitรคten in Innenrรคumen. Dies betrifft nach einem Bund-Lรคnder-Beschluss vom Dienstag zum Beispiel das Essen in Restaurants, den Besuch beim Friseur oder Sport im Fitnessstudio oder Schwimmbad. Ausnahmen kann es demnach fรผr regelmรครig getestete Schรผler und Regionen mit niedrigen Inzidenzen geben.
Maximal 25.000 Zuschauer bei Sportgroรveranstaltungen
Sportgroรveranstaltungen dรผrfen zunรคchst nur vor maximal 25.000 Zuschauern stattfinden, darin sind sich die Bundeslรคnder einig. รber die sogenannte 3G-Regelung hinaus darf oberhalb einer absoluten Zahl von 5.000 Zuschauenden die zulรคssige Auslastung bei maximal 50 Prozent der jeweiligen Hรถchstkapazitรคt liegen, jedoch nicht bei mehr als insgesamt 25.000 Zuschauenden, heiรt es im Beschlusspapier. Berlins Regierender Bรผrgermeister Michael Mรผller (SPD) sagte, man sehe, "dass wir uns etwas zutrauen kรถnnen, zulassen kรถnnen, aber nicht in jeder Form, weil wir nicht komplett รผber den Berg sind."
Die Zahl von 25 000 Besuchern mache deutlich, dass Groรveranstaltungen mรถglich seien, ยซaber mit Regeln, mit Abstรคnden, die berรผcksichtigt werden kรถnnen bei der Veranstaltungยป, betonte Mรผller. Auรerdem gelte es zu vermeiden, dass es davor oder danach zu groรen Ansammlungen komme, wo Gefรคhrdungen entstรผnden.
Auch Bayern werde nach guten Erfahrungen bei der Fuรball-EM - wo Mรผnchen deutscher Spielort war - die maximale Zahl an Zuschauern ausschรถpfen, sagte Ministerprรคsident Markus Sรถder (CSU).
Man wolle die sogenannte 3G-Regel - also der Zugang fรผr Geimpfte, Genesene und Getestete - unter anderem auch bei Sportveranstaltungen in Innenrรคumen und beim Sport im Innenbereich durchsetzen, sagte Bundeskanzlerin Merkel (CDU). Die Lรคnder kรถnnen aber Regelungen vorsehen, dass die 3G-Regel ganz oder teilweise ausgesetzt werden kann. Dafรผr muss ein Landkreis eine Inzidenz stabil unter 35 haben oder das Indikatorensystem eines Landes muss ein vergleichbar niedriges Infektionsgeschehen widerspiegeln, sodass ein Anstieg der Infektionen durch eine Aussetzung der Regelung nicht zu erwarten ist.
Laschet: ยซ3G-Regelยป gilt nicht fรผr Gottesdienste
Die von Bund und Lรคndern vereinbarte Corona-Testpflicht fรผr den Besuch bestimmter Einrichtungen soll laut Nordrhein-Westfalens Ministerprรคsident Armin Laschet (CDU) nicht fรผr Gottesdienste gelten. Ein Gottesdienst sei etwas anderes als ein Diskobesuch, sagte Laschet am Dienstag in Dรผsseldorf nach den Bund-Lรคnder-Beratungen รผber den weiteren Umgang mit der Corona-Pandemie. Es gehe um das Grundrecht der Religionsausรผbung.
Er gehe allerdings davon aus, ยซwenn ich die Erfahrung insbesondere aus den christlichen Kirchen hรถre, dass jeder, der da ist, in der Regel auch doppelt geimpft istยป, sagte Laschet. Wo das nicht der Fall sei, gelte sein Appell, sich dieser Regelung anzuschlieรen.
Die ยซ3G-Regelยป sieht vor, dass bestimmte Einrichtungen und Freizeitangebote spรคtestens ab dem 23. August grundsรคtzlich nur noch von Geimpften, Genesenen oder negativ Getesteten betreten werden dรผrfen. Das soll etwa in Hotels, Fitness-Studios, Schwimmbรคdern, beim Friseur oder in Restaurants gelten. Ausgenommen sind Kinder bis zum 6. Lebensjahr und Schรผlerinnen und Schรผler, die regelmรครig getestet werden.
Impfen
An noch nicht Geimpfte appellierten Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Lรคnderregierungschefs, jetzt schnellstmรถglich die bestehenden Impfangebote wahrzunehmen. Arbeitgeber sollten ihre Beschรคftigten dabei unterstรผtzen.
"Wer im Herbst einen vollstรคndigen Impfschutz haben mรถchte, muss jetzt mit der Impfung beginnen",
hieร es im Entwurf. Vollstรคndig geimpft sind 45,8 Millionen Menschen oder 55,1 Prozent aller Einwohner. Fรผr einen Grundschutz der ganzen Gesellschaft reicht das aber auch angesichts der ansteckenderen Delta-Virusvariante noch nicht.
"Wir haben genug Impfstoff fรผr alle Altersgruppen",
warb Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Das versprochene Angebot fรผr alle im Sommer ist laut Bund jetzt da - das Impftempo stockt aber.
Schutzmaรnahmen
Kein Streit zeichnete sich dazu ab, den Basis-Schutz mit Abstand, Hygiene und Maskenpflicht in manchen Bereichen bestehen zu lassen: in Bussen, Bahnen oder Geschรคften. Angepeilt wurden zudem einheitliche Vorgaben, die "3G-Regel" fรผr den Zugang zu bestimmten Innenrรคumen zu verankern: Also, dass nur hinein oder teilnehmen kann, wer geimpft, genesen oder frisch negativ getestet ist. Gelten kรถnnte dies laut Entwurf etwa fรผr Kliniken, Pflegeheime, Innengastronomie, Veranstaltungen drinnen, Gottesdienste, beim Friseur sowie fรผr Fitnessstudios, Schwimmbรคder oder Sporthallen. Bei Beherbergungen kรถnnte ein Test bei Anreise und dann zweimal pro Woche kommen.
Starten kรถnnte dies laut Entwurf noch im August - das genaue Datum war vorerst offen. Mรถglich wรคren demnach Schnelltests, die nicht รคlter sind als 24 Stunden - oder genauere PCR-Tests, die bis zu 48 Stunden zurรผckliegen kรถnnten. Ausgenommen wรคren dem Entwurf zufolge voll Geimpfte, Genesene und Schรผler ab 6 Jahren, die ohnehin regelmรครig getestet werden. Im Gesprรคch war auch, dass die Lรคnder die 3G-Regel bei stabil niedrigem Infektionsgeschehen aussetzen kรถnnen.
Merkel: Fรผr Geimpfte werden Einschrรคnkungen deutlich anders aussehen
Wer gegen Corona geimpft ist, muss kรผnftig wahrscheinlich keine Lockdown-รคhnlichen Beschrรคnkungen mehr befรผrchten. ยซSolange der Impfstoff wirkt, kรถnnen wir nicht einfach sagen, ein Geimpfter darf nicht [...] seine Rechte als Bรผrger ausรผbenยป, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstag nach Beratungen mit den Ministerprรคsidentinnen und -prรคsidenten der Lรคnder auf die Frage, ob sie einen weiteren Lockdown wie im vergangenen Winter ausschlieรe. Damit sei jede beschrรคnkende Maรnahme deutlich anders strukturiert als das bisher gewesen sei.
Merkel fรผgte hinzu, dass eine รberlastung des Gesundheitssystems weiterhin ausgeschlossen werden mรผsse. Man mรผsse auch an die denken, die in den Krankenhรคusern die Arbeit tun.
Der Corona-Rahmen: epidemische Lage soll bis 11. September erweitert werden
Es zeichnete sich ab, dass eine wichtige Rechtsgrundlage wohl bestehen bleiben soll - die "epidemische Lage von nationaler Tragweite". Auch die Gesundheitsminister aller Lรคnder sprachen sich am Montag einstimmig dafรผr aus, dass der Bundestag sie รผber den 11. September hinaus verlรคngert. Das Parlament hatte das zuletzt am 11. Juni getan - ohne erneutes Votum wรผrde die Sonderlage nach drei Monaten auslaufen. Sie gibt dem Bund das Recht, direkt Verordnungen etwa zu Tests und Impfungen zu erlassen. Auch Maรnahmen der Lรคnder wie Maskenpflicht oder Kontaktbeschrรคnkungen beziehen sich laut Infektionsschutzgesetz auf die Feststellung dieser Sonderlage.
Im Entwurf hieร es auรerdem, Bund und Lรคnder wollten sich auf "weitere Maรnahmen" verstรคndigen, falls die Anstrengungen beim Impfen und Testen nicht reichten, das Infektionsgeschehen zu kontrollieren. Dazu sollten "alle Indikatoren" genau beobachtet werden, insbesondere die Inzidenz, aber auch die Impfquote, schwere Krankheitsverlรคufe und die Belastung des Gesundheitswesens, wurde im Entwurf hervorgehoben.
Corona-Wirtschaftshilfen sollen verlรคngert werden
Corona-Wirtschaftshilfen sollen verlรคngert werden. Die bisher bis Ende September laufende รberbrรผckungshilfe III Plus sowie die Erleichterungen zum Zugang fรผr das Kurzarbeitergeld sollen nun bis Jahresende laufen, wie es am Dienstag in Regierungskreisen am Rande der Beratungen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerprรคsidenten der Lรคnder hieร.
Merkel sagte nach der Videokonferenz, der Bund habe zugesagt, dass die รberbrรผckungshilfe verlรคngert werde. Laut Beschlusspapier bitten die Lรคnder den Bund, auch den erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld zu verlรคngern.
Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hatten eine Verlรคngerung der รberbrรผckungshilfe bereits in Aussicht gestellt, Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte sich fรผr eine Verlรคngerung des Kurzarbeitergelds ausgesprochen. Beides sind zentrale und milliardenschwere Instrumente der Regierung, um die Folgen der Pandemie auf Jobs und Firmen abzufedern.
Die Bundesregierung hatte vor einigen Wochen entschieden, dass die zuvor bis Ende Juni befristete รberbrรผckungshilfe III als "รberbrรผckungshilfe III Plus" bis September fortgefรผhrt wird. Neu ist eine "Restart-Prรคmie", mit der Unternehmen einen hรถheren Zuschuss zu Personalkosten erhalten kรถnnen - falls sie etwa Personal aus der Kurzarbeit zurรผckholen oder neu einstellen.
Bei der รberbrรผckungshilfe werden fixe Betriebskosten erstattet. Voraussetzung fรผr Antrรคge ist, dass Unternehmen in einem Monat des Fรถrderzeitraums einen Corona-bedingten Umsatzeinbruch von mindestens 30 Prozent im Vergleich zum Referenzmonat im Jahr 2019 erlitten haben.
Sascha Meyer und Andreas Hoenig, dpa/JM