TVA Onlineredaktion

Nach 120 Stunden GDL-Streik: Bahn ab Dienstag wieder mit normalem Fahrplan

Fronten bei der Bahn bleiben vor Streik-Ende verhärtet

Nach dem mehr als fünftägigen Streik bei der Deutschen Bahn können Reisende im Verlauf des Dienstags wieder mit einem normal funktionierenden Zugverkehr rechnen. Bei der vergangenen Streikwelle vor rund zwei Wochen hatte die Bahn bereits am Tag vor dem Streik-Ende damit begonnen, Zugpersonal und Fahrzeuge dorthin zu befördern, wo sie zum regulären Betriebsstart gebraucht wurden. So konnte der Zugbetrieb vergleichsweise schnell wieder anlaufen. Zum diesmaligen Vorgehen wollte sich die Bahn am Montagnachmittag äußern.

Es ist voraussichtlich der letzte Tag der dritten Streikwelle der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) in der laufenden Tarifrunde. Noch bis Dienstagmorgen 2.00 Uhr soll der Arbeitskampf laufen. Der Personenverkehr in Deutschland ist seit Donnerstagfrüh stark eingeschränkt, der Güterverkehr seit Mittwochnachmittag. Erstmals im aktuellen Tarifstreit zog sich der Streik über ein ganzes Wochenende.

Die Bahn hatte eigenen Aussagen zufolge über das Wochenende zumindest jeden dritten Fernzug planmäßig fahren lassen. Im Regional- und S-Bahnverkehr war ein Grundangebot von 40 Prozent der Züge unterwegs.

Eine Annäherung zwischen beiden Seiten ist allerdings nicht in Sicht. GDL-Chef Claus Weselsky betonte am Montag erneut, dass er derzeit keine Basis für Verhandlungen sehe. Die Gewerkschaft sei zu weiteren Gesprächen bereit, wenn ein verhandlungsfähiges Angebot von der Bahn komme, sagte Weselsky im ZDF-«Morgenmagazin». Das sogenannte Angebot der Bahn sei nur eine vorgetäuschte Verbesserung.

«Nach dem Streik ist vor dem Streik», sagte der Vorsitzende der Lokführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky, am Montag vor Mitgliedern am Berliner Hauptbahnhof. Das Management der Bahn habe es in der Hand, ob es einen weiteren Arbeitskampf gebe.

Die Bahn hatte vergangene Woche ein Angebot unter anderem mit einer kürzeren Tariflaufzeit von 36 statt 40 vorgelegt. Außerdem stellte sie noch für dieses Jahr eine Corona-Prämie von bis zu 600 Euro in Aussicht. Weselsky lehnte das Angebot ab.

Die Bahn wolle die GDL auf Lokführer und Zugbegleiter beschränken und dieser verweigern, Tarifverträge für die Werkstatt und Verwaltung abzuschließen, sagte Weselsky. Hier würden Grundrechte tangiert. Es solle dauerhaft verhindert werden, dass die GDL die Mehrheit im Betrieb habe. «Und dagegen wehren wir uns», sagte Weselsky.

Weselsky forderte ein Angebot, dass es der Gewerkschaft ermöglicht, einen Tarifvertrag für sämtliche Mitglieder in den verschiedenen Betrieben der Bahn abzuschließen. Er verlangte für die Beschäftigten außerdem Lohnerhöhungen wie im öffentlichen Dienst von diesem Jahr an, eine Corona-Prämie sowie den Fortbestand des bisherigen Betriebsrentensystems.

Die GDL war am Wochenende erneut von mehreren Seiten für den Streik kritisiert worden, unter anderem vom Chef des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Reiner Hoffmann. Dieser hatte der GDL vorgeworfen, «dass hier eine Berufsgruppe wie die Lokführer ihre partikularen Interessen gegen das Gesamtinteresse aller anderen Bahn-Beschäftigten durchsetzt».

Weselsky wies das am Montag zurück. Er wünsche sich, dass auch ein Vorsitzender eines Dachverbandes von Gewerkschaften Ursache und Wirkung im Blick behalte. Der DGB-Chef sei derjenige gewesen, der das Tarifeinheitsgesetz initiiert habe. Und jetzt werde der GDL vorgeworfen, für mehr Mitglieder zu werben. «Also ich weiß nicht ganz genau, für was das Gesetz denn geschaffen worden ist.» Dieses sage ganz klar: Wer mehr Mitglieder im Betrieb habe, dessen Tarifverträge bleiben in die Zukunft hinein erhalten.

Das Tarifeinheitsgesetz ist 2015 in Kraft getreten und sieht vor, dass in einem Unternehmen mit zwei Gewerkschaften nur der Tarifvertrag der mitgliederstärkeren Arbeitnehmervertretung angewendet wird. Bei der Bahn ist das aus Sicht des Konzerns in den meisten Betrieben die größere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG.

Mit dem bisherigen Streik bei der Deutschen Bahn sei die GDL «sehr zufrieden», sagte Weselsky. «Dass das für Kunden unschön ist, ist uns klar.»

 

Regulärer Fahrplan ab Dienstag geplant

Die DB geht davon aus, dass die Züge im Fernverkehr am Dienstag wieder überwiegend nach normalem Fahrplan fahren werden. Auch im Regionalverkehr setzen die Fahrplaner:innen und Disponent:innen der DB alles daran, schon morgen wieder die rund 21.000 Regional- und S-Bahnzüge nach regulärem Fahrplan verkehren zu lassen. Dennoch kann es im Laufe des Tages noch zu Unregelmäßigkeiten kommen. Reisende werden gebeten, sich über die Fahrplanauskunft auf bahn.de und in der App DB Navigator vorab informieren, ob es eventuell Abweichungen gibt. Informationen dazu gibt es auch bei der kostenlosen Streikhotline unter 08000 99 66 33, die noch den gesamten Dienstag über zu erreichen ist. Die Streikhotline wird auch intensiv genutzt, in dieser Streikwelle ließen sich hier bereits 134.000 Kund:innen zu ihrer Reise beraten.

 

Dank digitaler Formulare: Bereits zwei Drittel der Fahrgastrechte-Entschädigungen an Kund:innen ausgezahlt

Die Reisenden haben sich bereits seit Beginn des dritten GDL-Streiks intensiv über ihre Reisemöglichkeiten und die umfangreichen Kulanzen informiert. Seit der Streikankündigung am vergangenen Montag wurden die Informationsseiten zum Streik rund 3 Millionen Mal aufgerufen. Das digitale Kulanzformular wurde intensiv genutzt, ebenso wie das neue digitale Entschädigungstool für Fahrgastrechte. Mit ihm können Kund:innen seit Juni ihre Fahrgastrechte schnell und mit wenigen Klicks online geltend machen. Zwei Drittel der bisher eingegangenen Fahrgastrechteanträge sind bereits bearbeitet und zur Auszahlung angewiesen. Insbesondere die digitalen Anträge werden zu einem hohen Anteil innerhalb von 2 Tagen nach Einreichung bearbeitet. Kund:innen, die aufgrund eines Zugausfalls eine Erstattung des Fahrscheins wünschen, empfehlen wir die Nutzung des Fahrgastrechteantrag statt des Kulanzantrages.

Nach wie vor können die Tickets, die für den Streikzeitraum erworben wurden, flexibel genutzt werden. Dies gilt auch für Reisen für den morgigen Tag. Alle bereits gebuchten Fahrkarten des Fernverkehrs für Strecken, die vom 2. bis einschließlich 7. September vom GDL-Streik betroffen sind, behalten ihre Gültigkeit. Sie können noch bis einschließlich 17. September flexibel genutzt werden. Bei Sparpreisen und Super Sparpreisen ist die Zugbindung aufgehoben. Für die Weiterfahrt können auch andere Züge genutzt werden, dies gilt auch für Züge des Nahverkehrs (RE, RB, IRE und S-Bahn).

 

DB/dpa

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