
Bayern: Großes Interesse an Geburtshilfe-Förderprogramm
In Bayern ist keine Entspannung bei der Hebammenversorgung in Sicht. «In München ist es besonders brenzlig. Ich höre aber auch von anderswo, dass es Schwierigkeiten gibt», sagte die Chefin des bayerischen Hebammen-Landesverbands, Astrid Giesen. Schon seit 15 Jahren gebe es in der Landeshauptstadt Engpässe bei der Hebammenversorgung. Zehn Prozent der Stellen in den Krankenhäusern seien unbesetzt. Ein großes Problem sei zudem die Wochenbettbetreuung – also Hausbesuche der Hebamme bei Eltern und Baby. Viele Hebammen seien frühzeitig ausgebucht. Es gebe aber Unterschiede zwischen den Regionen.
Das Dilemma: Es werden wieder mehr Kinder geboren – 2016 waren es im Freistaat rund 126 000 Babys und damit so viele wie 1998 nicht mehr – und zugleich beklagt der Hebammenverband, dass die Arbeitsbedingungen für die Geburtshelferinnen immer schlechter werden. Deshalb ziehen sich viele aus der Arbeit im Krankenhaus zurück.
Die Landespolitik hat mit einem Programm zur Unterstützung der Geburtshilfe reagiert. Dieses stoße bei den Kommunen auf großes Interesse, sagt Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU). «Wir haben bereits zahlreiche Anfragen aus allen Landesteilen dazu bekommen. Das freut mich sehr – und das zeigt auch, wie wichtig dieses Programm ist.»
Ein erster Teil des Förderprogramms soll heuer anlaufen: Landkreise und kreisfreie Städte erhalten für jedes neugeborene Kind eine Förderung von rund 40 Euro. Das Geld sollen die Kommunen in die Verbesserung der Hebammenhilfe bei Geburt und Wochenbettbetreuung investieren. Huml rechnet mit Ausgaben von fünf Millionen Euro jährlich. Der zweite Teil des Programms soll vor allem kleinere Kliniken im ländlichen Raum unterstützen, um deren Defizit bei der Geburtshilfe auszugleichen.
Dagegen zeigte sich der Hebammenverband enttäuscht von der Staatsregierung, weil es in Bayern immer noch keine akademisierte Ausbildung für den Beruf gibt. In anderen Ländern gebe es bereits den Bachelor. Auch der Freistaat müsse endlich die EU-Vorgabe nach einer Akademisierung der Berufsausbildung umsetzen, sagte Giesen. Das sei umso enttäuschender, da in Bayern genug Geld vorhanden wäre.
Ministerin Huml betonte, sie halte «die Forderung nach einer Akademisierung der Hebammenausbildung für sehr sinnvoll». Allerdings sei der Bund zuständig für die berufsrechtlichen Regelungen. Und solange die nicht geändert seien, könnten die Hochschulen keine konkreten Pläne machen. Bayern werde sich dafür einsetzen, die Voraussetzungen für eine akademisierte Ausbildung im Bund schnell zu schaffen.
Der Hebammenmangel sei Teil eines gesamtgesellschaftlichen Problems, sagte Giesen. Soziale Berufe hätten den Anschluss verloren – in der Wirtschaft werde deutlich besser bezahlt. «Deshalb gehen die Menschen aus den Berufen raus.» Auch die Wertschätzung sei gering. Hier müsse die Politik ansetzen.
Foto: Symbolbild
dpa/MF